Eidgenössische Abstimmung vom 30. November
Ecopop ist unmenschlich und gefährlich
Die Ecopop-Initiative ist nur eine Scheinlösung, führt zu neuer Diskriminierung ausländischer Arbeitnehmer/innen und schadet allen Arbeitnehmenden in der Schweiz. Denn sie erhöht den Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen und gefährdet Arbeitsplätze. Deshalb sagen die Gewerkschaften und Angestelltenverbände geschlossen Nein zu Ecopop – wie auch Bundesrat, Parlament und alle grossen Parteien.
Die natürlichen Lebensgrundlagen muss man anders sicherstellen, als dies die Initiative vorschlägt. Warum die Gewerkschaften – auch der SEV – so denken, erläutern der Kasten unten und Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB, im Interview. Die Gewerkschaften bekämpfen diese Vorlage für einmal Seite an Seite mit dem Bundesrat und allen massgeblichen Parteien. So beantragte die Regierung dem Parlament in ihrer Botschaft vom 23. Oktober 2013 zur Initiative, diese Volk und Ständen ohne Gegenentwurf zur Abstimmung vorzulegen und zur Ablehnung zu empfehlen. Diesem Antrag ist das Parlament 2014 praktisch einstimmig gefolgt: der Ständerat mit 44 zu 1 Stimmen und der Nationalrat mit 190 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen.
Nicht zielführend
«Der Bundesrat verkennt nicht, dass das schweizerische Wirtschaftswachstum und die vergleichsweise hohe Zuwanderung der letzten Jahre zu einem Bevölkerungswachstum geführt haben, womit sich die Herausforderungen insbesondere in der Integration, auf dem Wohnungsmarkt, bei der Infrastruktur- und Raumplanung und in der Bildungspolitik erhöhen. Er ist jedoch der Ansicht, dass die bereits eingeführten und künftig geplanten Reformen eine bessere Antwort sind auf die Herausforderungen, die sich der Schweiz in den kommenden Jahren stellen», schreibt die Regierung in der Botschaft. «Auch wenn mit der Annahme der Volksinitiative die reguläre Zuwanderung in die Schweiz verringert werden könnte, ist sie kein geeignetes Instrument. Wenn durch die Annahme der Volksinitiative die reguläre Zuwanderung stark begrenzt wird, könnte dies zu einer höheren irregulären Einwanderung führen.»
Gefahr für die Wirtschaft
Die Initiative sei «schädlich für das wirtschaftliche Wachstum der Schweiz und würde ihre Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität negativ beeinflussen», heisst es in den Schlussfolgerungen der Botschaft. «Eine so starke Begrenzung der Zuwanderung in die Schweiz würde die Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften insbesondere aus den EU-/EFTA-Staaten erschweren. Denn es müssten Kontingente freigehalten werden, damit die Schweiz in erster Linie ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen kann.» Dazu führt die bundesrätliche Medienmitteilung zur Botschaft weiter aus: «Die Limite für Aufenthaltsbewilligungen würde auch für das Asylwesen, die humanitäre Aufnahme sowie den Familiennachzug gelten. In diesen Bereichen ist die Schweiz allerdings an gewisse verfassungs- und völkerrechtliche Verpflichtungen gebunden. Zudem hätten die verschiedenen Branchen der Wirtschaft entsprechend schlechtere Aussichten auf die notwendigen ausländischen Arbeitskräfte. (…) Die Initiative würde es den Branchen durch eine strenge Beschränkung der Zuwanderung in die Schweiz verunmöglichen, die nötigen Arbeitskräfte zu beschaffen.»
Aufwendige Bürokratie
«Überdies ginge die Umsetzung der Volksinitiative mit einem erheblichen administrativen Aufwand und einem Ausbau der Bürokratie sowohl bei den Arbeitgebern als auch bei den Migrationsbehörden der Kantone und des Bundes einher», gibt die Botschaft zudem zu bedenken. «Darüber hinaus würde sich die Festlegung von Kontingenten unter den verschiedenen Bewilligungskategorien sowie die Zuteilung der Kontingentseinheiten bei der Prüfung der einzelnen Gesuche um Aufenthaltsbewilligung als äusserst schwierig erweisen.» Dies «wäre aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Aufenthaltskategorien sowie aufgrund der divergierenden Interessen der betroffenen Branchen eine höchst komplexe Aufgabe», ergänzt die Medienmitteilung.
Belastung für das Verhältnis mit der EU
«Eine Annahme der Initiative könnte dazu führen, dass das Freizügigkeitsabkommen (FZA) gekündigt würde», warnt der Bundesrat in der Medienmitteilung. «Aufgrund der Guillotine- Klausel treten bei einer Kündigung des FZA nach sechs Monaten alle anderen betroffenen Abkommen der Bilateralen I ausser Kraft. Dies würde der Schweiz und ihrer Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen, ist die EU doch der wichtigste Handelspartner der Schweiz.»
Fokussierung auf Familienplanung wirkungslos
«Die vorgeschlagene Massnahme, wonach 10 % der für die internationale Entwicklungszusammenarbeit gesprochenen Mittel für die freiwillige Familienplanung einzusetzen wären, stellt ein Zwangsmittel dar, das den notwendigen Handlungsspielraum der internationalen Zusammenarbeit übermässig einschränken würde», erklärt die Botschaft weiter. «Der Bund wäre verpflichtet, in bestimmten Ländern oder Regionen Projekte im Bereich der freiwilligen Familienplanung durchzuführen, obwohl andere Bereiche vorrangig unterstützt werden müssten, wenn man dem Kontext und den Bedürfnissen dieser Länder oder Regionen entsprechen möchte. Dies würde einerseits die Wirksamkeit der internationalen Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz mindern und andererseits das Image und die Glaubwürdigkeit der Schweiz beeinträchtigen. Eine verstärkte Fokussierung auf die Familienplanung würde zudem nur wenig Wirkung zeigen. Um den Teufelskreis von Armut und hohem Bevölkerungswachstum zu durchbrechen, braucht es Ansätze in unterschiedlichen Bereichen wie zum Beispiel Bildung oder Geschlechtergleichstellung.»
Fi