Um das fehlende Fahrpersonal zu finden, gehen die Unternehmungen neue Wege
«Die Mitarbeitenden sind unsere besten Botschafter/innen»
Mancher Verkehrsbetrieb hat Mühe, ausgebildete Busfahrer/innen und Lokführer/innen zu finden. Die TL in der Region Lausanne und die TransN im Kanton Neuenburg haben intern Kampagnen lanciert, um Mitarbeitende als Pat/innen für die Personalrekrutierung einzuspannen. Bei der SBB und Ostschweizer Unternehmen gibt es schon seit Jahren Prämien für Mitarbeitende, die Personal werben. So werden diese als «Botschafter/innen» des Unternehmens in die Personalwerbung einbezogen, was der SEV begrüsst. Doch seine Gewerkschaftssekretär/innen warnen, dass dies allein die Rekrutierungsprobleme noch nicht löst. Denn diese sind oft in erster Linie auf wenig attraktive Arbeitsbedingungen zurückzuführen.
Die Lausanner Verkehrsbetriebe (TL) sprechen zwar noch nicht von einem eigentlichen Mangel an Bus- und Trolleybusfahrer/innen auf dem Arbeitsmarkt, doch Alarm haben sie schon geschlagen. Dafür haben sie auch allen Grund, denn sie mussten mangels Personals die für Ende August geplante Verlängerung der Linie 25 auf Mitte September verschieben, wie die Zeitung «24Heures» in ihrer Ausgabe vom 27. Mai berichtete. Auch auf einen dichteren Fahrplan hätten die TL vorerst verzichten müssen, berichtete das Blatt. Für ein Verkehrsunternehmen eine unangenehme Situation …
Prämien von 500 bis 2500 Franken
Um den Stier bei den Hörnern zu packen und zu versuchen, genügend Fahrpersonal zu rekrutieren, haben die TL Mitte Juli ein «Patensystem» lanciert: Mitarbeitende, die dem Unternehmen eine Person vermitteln, die als Fahrer/in angestellt wird, erhalten eine Belohnung von 1000 Franken. Die neuenburgische TransN hat im Mai ein vergleichbares System eingeführt. Für die Vermittlung ausgebildeter Fahrer/innen bezahlt sie je 500 Franken Prämie und für Lokführer/innen 1000 Franken. «Für qualifizierte Lokführer/innen ist die Prämie höher, weil dieses Berufsprofil auf dem Arbeitsmarkt weniger leicht zu finden ist», sagt Cédric Aubry, Leiter Finanzen, Administration und HR bei TransN.
Das von den beiden Unternehmen angewandte System ist allerdings nicht neu, wird es von der SBB doch bereits seit 2007 angewandt: Sie bezahlt Mitarbeitenden, die einen Lokführer werben – egal, ob schon ausgebildet oder nicht – eine Prämie von 2500 Franken. «Jährlich werden aber weniger als zehn derartige Prämien für geworbene Lokführer ausgerichtet», sagt SBB-Sprecher Frédéric Revaz. «Es ist also kein Instrument zur Rekrutierung im grossen Stil.»
Die Bus Ostschweiz AG bezahlt für die Werbung ausgebildeter Busfahrer/innen ebenfalls je 1000 Franken. Nachdem sie diese Werbemethode vor einigen Jahren schon mal getestet hatte, hat sie diese nun im laufenden Jahr erneut eingeführt.
Gibt es wirklich Personalmangel?
Die Gründe, die die Firmen dazu bringen, solche Prämiensysteme einzuführen, sind vielfältig, und nicht alle haben mit dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt zu tun, obschon die Situation in der Genferseeregion angespannt scheint: «Die TL greifen auf dieses Mittel in einem recht heiklen Umfeld zurück, wenn man sich die Zahl der zu besetzenden Stellen vor Augen führt: 2014 sind nicht weniger als 60 neue Busfahrerstellen offen. Wir müssen die vorgesehene Ausweitung unseres Angebotes in den nächsten Jahren und die Fahrplanverdichtung gewährleisten können», sagt Céline Epars, Sprecherin des Unternehmens.
Nicht nur höhere Anforderungen
Der Mangel an ausgebildetem Personal hängt auch mit den höheren Anforderungen der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugführern und Fahrzeugführerinnen zum Personen- und Gütertransport auf der Strasse (CZV) zusammen. Doch der Personalmangel reicht nicht aus, um den Rückgriff auf das System mit Prämien zu erklären. Die Unternehmen bedienen sich dieses Mittels, um das Zugehörigkeitsgefühl der Angestellten zu stärken. «Wir möchten eine Identifikation mit dem Unternehmen und den Einsatz jedes Einzelnen erreichen, das führt zu einer Art natürlicher Patenschaft und begünstigt die Integration der Neuen in die Gemeinschaft», sagt Cédric Aubry. «Wer als Mitarbeiter jemanden vermittelt hat, hat danach das Gefühl, den neuen Kollegen oder die Kollegin am Arbeitsplatz willkommen heissen und ihm die nötigen Kenntnisse weitergeben zu müssen, was unsere neue Unternehmenskultur festigt, die die Teilnahme fördern und auf die Mitarbeitenden hören will.»
Bei der SBB findet man, dass die Vorschläge der Angestellten für Qualität bürgen. Dem stimmen auch die Personalverantwortlichen von Bus Ostschweiz zu, sie finden: «Gute Mitarbeitende rekrutieren gute Angestellte.» Céline Epars pflichtet bei: «Weil sie das Unternehmen kennen, sind die Mitarbeitenden der TL am besten imstande, neue Bewerbungen aus ihrem Umfeld auszulösen. Sie sind genau am richtigen Ort, um über ihren Beruf zu sprechen und die Lust zu wecken, Chauffeur zu werden. Damit sind sie unsere besten Botschafter. Sie helfen uns, uns in ein gutes Licht zu stellen und uns als Arbeitgeber auf dem Markt zu positionieren.»
Es gibt nicht nur Prämien
Prämien sind aber nicht das einzige Rekrutierungsmittel und sie ersetzen traditionellere Mittel wie beispielsweise Inserate in den entsprechenden Zeitungen nicht. «Patenschaften als Rekrutierungsmittel ergänzen schon laufende Bemühungen: Stelleninserate in der
Tagespresse, in speziellen Zeitungen und auf den sozialen Netzwerken, Werbung in unseren Fahrzeugen, Teilnahme an Berufsmessen, regelmässige Informationsanlässe zum Beruf des Chauffeurs (mindestens alle drei Wochen!). Eine Rekrutierungskampagne in der Romandie ist übrigens ab diesem Herbst vorgesehen», fährt Céline Epars fort. Bei TransN findet man, dass den Stelleninseraten nur ein bescheidener Erfolg beschieden war, weshalb man es jetzt mit der Weiterempfehlung versucht.
Wie steht es mit der betriebsinternen Bildung?
Neben dem Rückgriff auf das schon ausgebildete Personal gibt es auch den Weg über die Ausbildung im Betrieb. «Wir haben einen Busausbildungsdienst mit mehreren Ausbildnern, der schon rund zehn junge Buschauffeure ausbilden konnte, aber Neuanstellungen über diesen Weg sind limitiert, weil wir nicht unbeschränkt Ausbildner zur Verfügung haben und kein Vollzeitausbildungszentrum sind», stellt Cédric Aubry fest.
Im übrigen ist TransN daran, ein internes Ausbildungsprogramm für Lokführer auf dem Schmalspurnetz auf die Beine zu stellen, für die Normalspur sind mehrere Kandidaten in externer Ausbildung. «Die ist teuer, deshalb mussten wir im neuen GAV eine Verpflichtung von vier Jahren einführen, die mit dieser Ausbildung verbunden ist. Das Ziel ist nicht, den Angestellten verzweifelt bei uns zu behalten, sondern eine Art ‹return on investment› zu sichern.»
TransN hofft, dass das auf Kosten des Unternehmens ausgebildete Personal diesem die Treue hält. Der mit dem SEV ausgehandelte GAV wurde von den Sozialpartnern als ausgezeichnet beurteilt.
Chefs im Film
Bei den VBZ in Zürich hat Personalleiter Jörg Buckmann die Blickrichtung bei der Personalsuche geändert. Zusätzlich zu den Problemen bei den technischen Berufen – besonders bei den Ingenieuren – schätzt man die Zahl der jährlich zu ersetzenden Bus- und Tramchauffeure und -chauffeusen auf 100. Dafür werden jetzt die Chefs eingebunden, die potenziellen Kandidat/innen in kurzen Videos erklären, warum sie ihre Vorgesetzten werden wollen. «In den letzten drei Jahren haben wir rund 100 Videos gedreht», erklärt Jörg Buckmann. Und sein Unternehmen wendet sich gezielt an Frauen, um ihren Anteil zu erhöhen. Die VBZ halten Ausschau nach jenen, die in Bereichen arbeiteten, wo der Kundenkontakt wichtig und die Dienstschichten ähnlich sind, also in der Gastronomie, im Verkauf, im Kosmetik- und Coiffeurgewerbe.
Den Stier bei den Hörnern packen
Beim VöV hat man gemerkt, dass die Personalsuche immer schwieriger wird, «aber Zahlen zu diesem Phänomen können wir nicht nennen», sagt Sprecherin Sylvie Schneuwly. «Heute gibt es noch keinen Mangel an ausgebildeten Berufsleuten, aber langsam zeichnet sich ein solcher ab. Die Leute aus den geburtenstarken Jahrgängen gehen bald in Rente und müssen ersetzt werden. Der Nachwuchsbedarf wird deshalb gross sein. Ausserdem ruft die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs nach mehr Personal in allen Bereichen – beim Busverkehr aufgrund von neuen Linien, Fahrplanverdichtungen usw.»
Eines ist sicher: Der VöV nimmt dieses Thema sehr ernst, deshalb wird auch seine Zusammenkunft vom 18. November dem Personalmarketing gewidmet sein, mit dem Ziel, Wege zu finden, die die Berufe im öffentlichen Verkehr attraktiver machen. Die Zürcher Methode hat den VöV besonders beeindruckt, werden Jörg Buckmann und andere Personalverantwortliche doch dazu sprechen.
Bald anerkannte Basisbildung?
In diesem Umfeld beschäftigt sich der VöV nicht nur mit der Verbesserung der Rekrutierung, sondern auch mit einem andern wichtigen Element. «Die Frage der Einführung einer Grundausbildung für Busfahrer/innen wird in den nächsten Monaten in aller Gründlichkeit geprüft», sagt Sylvie Schneuwly.
Falls sich diese Entwicklung bestätigt, geht sie in Richtung der Forderungen des SEV, wie Gewerkschaftssekretär Christian Fankhauser erklärt: «Das wäre eine ausgezeichnete Neuigkeit, denn heute macht jeder, was er will. Um Busse fahren zu können, muss man nur den Bus-Führerausweis haben und alle fünf Jahre einen 35-stündigen Kurs besuchen, wie ihn die Chauffeurzulassungsverordnung (CZV) vorschreibt. Der Kurs befasst sich u. a. mit Stressbewältigung und dem Arbeitszeitgesetz. Mit der Forderung nach 35 Stunden Ausbildung hat der Gesetzgeber nur das Minimum einer europäischen Richtlinie erfüllt. Beim SEV befürworten wir ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis EFZ.» Die Unternehmen haben begriffen, dass sie besser rekrutieren müssen. Trotzdem sind bei der Frage, warum der Arbeitsmarkt ausgetrocknet ist, nur wenige Personal- und Kommunikationsverantwortliche bereit, den Finger auf die Arbeitsbedingungen zu legen. Auch wenn man bei der SBB eingesteht, dass die unregelmässigen Arbeitszeiten gewisse Kandidaten abschrecken. Beim SEV ist man überzeugt, dass gute Arbeitsbedingungen bzw. GAV für die Nachwuchsgewinnung wichtig sind.
Vivian Bologna/Red.
Die «Mangelware» Lokpersonal kann in undurchsichtigem Umfeld einträglich sein
Die Rekrutierungsschwierigkeiten im öffentlichen Verkehr sind eine Realität. Die dem Personal von den Unternehmen in Aussicht gestellten Prämien (siehe Seite 10) sagen genug über die Situation. Beim Lokpersonal ist der Mangel noch gravierender als jener bei den Buschauffeuren und -chauffeusen.
Aus dieser Situation ziehen Personalverleihfirmen wie WRS, Vanoli oder SAJET ihren Vorteil. Was verdienen sie an der Ausleihe von Lokführer/innen an Unternehmen wie SBB oder BLS? Schwer zu sagen. Im Umfeld der Personalverleiher mit seiner erbitterten Konkurrenz ist Diskretion oberste Pflicht.
Von Seiten der SBB wird gesagt, dass SBB Infrastruktur Lokpersonal für die Unterhaltsbaustellen ausleiht. «Der Unterbestand beträgt gegenwärtig 40 bis 45 Vollzeitstellen. Auch SBB Cargo arbeitet mit externem Personal, um Auftragsspitzen aufzufangen, insbesondere in der Deutschschweiz», sagt SBB-Sprecherin Donatella Del Vecchio.
Welchen Betrag überweist nun also die SBB an die Personalverleiher? «Aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses kann ich weder Zahlen nennen noch Bandbreiten», erklärt die Sprecherin. Um den Personalverleiher auszuwählen, macht die SBB Ausschreibungen.
Ein Personalverantwortlicher, der anonym bleiben möchte, findet, «die Gewinne müssen saftig sein, weil der Ausleih von Normalspurlokomotivführern kostspielig ist. Es ist lohnender, vorausschauend zu agieren und eine ausgezeichnete Personalpolitik zu betreiben.»
Er stellt auch eine einfache Hochrechnung auf: Wenn man zum angenommenen Monatslohn von 7500 Franken für einen Lokomotivführer die Sozialabgaben und diverse Entschädigungen hinzuzählt, kommt man mit einer Bruttomarge von 30% bis 40% auf einen Totalbetrag von 15'500 bis 17'000 Franken, ohne die Verwaltungskosten für das Führen der Dossiers zu rechnen. Natürlich ändern die Beträge je nach Art der Arbeit, der erforderlichen Ausweise und der Erfahrungen. Es sagt aber einiges aus, dass kein Chef eines Personalverleihunternehmens diese Zahlen kommentieren wollte.
Etwas bleibt bei alledem klar: Lokpersonal ist Mangelware, um nicht zu sagen eine Rarität. Und zwar sosehr, dass sich die Firmen nicht scheuen, vom Personal, das sie ausgebildet haben, illegale Konkurrenzverbotsklauseln unterschreiben zu lassen. SAJET lässt Arbeitsverbote für die gesamte Schweiz sowie die angrenzenden Gebiete unterschreiben, was Artikel 340 des OR widerspricht. Wir haben SAJET kontaktiert, doch hat es das Unternehmen abgelehnt, unsere Fragen zu seiner «Geschäftsstrategie» zu beantworten …
Vivian Bologna / Red.
Info
Was halten die SEV-Gewerkschaftssekretäre von den Rekrutierungsprämien und welche Empfehlungen leiten sie von diesen Methoden ab?
Laut Olivier Barraud «gibt es zwei Berufe, in denen es schwierig ist, Leute zu finden: Buschauffeure und Lokführer. Bei den Chauffeuren erklärt es sich aus einem grösseren Angebot und einem ausgetrockneten Arbeitsmarkt. Die Arbeitsbedingungen im öV, namentlich die Einsätze am Wochenende und an Feiertagen, sind nicht attraktiv. Das erklärt die Schwierigkeiten bei der Personalsuche, insbesondere bei den Jungen. Bei den Lokomotivführern kommen noch die sehr schwierigen Prüfungen hinzu, insbesondere auch die verschiedenen Eignungstests!»
Olivier Barraud verweist auch auf die Situation bei der SBB, die das Patensystem schon seit Jahren praktiziert: «Ich habe nichts gegen diese Methode, aber sie zeigt, dass die Attraktivität der Arbeit im öffentlichen Verkehr schwindet. Wenn zu solchen Massnahmen gegriffen wird, ist das ein Signal an alle Beteiligten, auch an die Gewerkschaften. Man wird inne, dass Angestellte wichtige Stellenvermittler sind. Die SBB haben diesen Faktor unterschätzt. Wenn die Angestellten nicht gut behandelt werden, machen sie keine Werbung für ihr Unternehmen.»
Vorsichtige SEV-Mitglieder
Felix Birchler wiederum, SEV-Gewerkschaftssekretär in der Ostschweiz, erinnert an die Methoden, die WilMobil ergriffen hat. Dieses Unternehmen bezahlt 1000 Franken pro geworbenen Buschauffeur. «Diese Massnahme befriedigt unsere Mitglieder in der Fläche nicht besonders. Manche ziehen es vor, niemanden vorzuschlagen, um sich im Fall einer Fehlbesetzung nicht verantwortlich zu fühlen. Diese Form der Personalsuche ist für mich neu. Eines ist sicher: sie wird die grundsätzlichen Probleme nicht lösen, die mangelnde Attraktivität des Berufes. Die Löhne sind nicht fantastisch, wenn man sie in Beziehung setzt zur Verantwortung und zu den Arbeitszeiten, denen die Kollegen unterworfen sind. Der Personalmangel in den Betrieben hat darüber hinaus gewisse Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen jener, die die Lücken mit Überstunden ausgleichen müssen.» Trotz dieses Personalmangels «kommt es nicht selten vor, dass sich die Unternehmen um neue Aufträge der Kantone bemühen, denn es käme schlecht an, wenn man in einem umkämpften Markt kein Angebot machte. Und doch ist es widersprüchlich, weil sie gar nicht das Personal dazu haben!»
Sonderfall Südschweiz
Im Tessin hat Pietro Gianolli noch nicht von solchen Methoden gehört. «Die Situation des Arbeitsmarktes ist total anders, v. a. wegen der Nähe der Lombardei, die dicht bevölkert und von hoher Arbeitslosigkeit betroffen ist. Der Andrang auf Tessiner Arbeitsplätze ist gross, was man auch begreift, weil das Lohnniveau im Tessin, auch wenn es tiefer ist als im Rest der Schweiz, jenseits der Grenze sehr attraktiv bleibt. In den letzten Jahren hat deshalb die Zahl der Grenzgänger stark zugenommen, mit entsprechendem Druck auf den Arbeitsmarkt, im Gegensatz zu andern Regionen des Landes. Die Arbeitsbedingungen im öV sind reguliert und wir haben kein Lohndumping festgestellt. Doch die Situation hat zumindest teilweise zur Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen bei der SBB geführt. Es gilt, wachsam zu bleiben – im Tessin wird es immer schwieriger, eine Anstellung zu finden, die ein Leben in Würde erlaubt.»
vbo / pan.
Kommentare
Roger Wirth 12/09/2014 17:50:31
Angeblich ist es für die Transportunternehmungen schwierig, Personal zu rekrutieren. Einerseits verwundert mich dies keineswegs – bei diesen Löhnen, dieser Verantwortung und diesen Arbeitszeiten? Das ist doch in keinem Verhältnis!
Nach über sieben Jahren im ÖV als Bus- und Tramwagenführer und Kontrolldienstmitarbeiter bei der BLT Baselland Transport AG und kurzer Zeit bei einem anderen öffentlichen Busbetrieb und vieler weiterer Jahre zuvor als LKW- und Reisecar-Chauffeur in ganz Europa mit sehr guten Referenzen, hatte mich die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) doch tatsächlich abgelehnt, mit der Begründung, ich hätte den internen «Eignungstest» nicht bestanden. Offenbar hält mich die BVB nicht für fähig, auf ihrem Liniennetz Busse zu chauffieren. Ist doch erstaunlich, oder nicht? Aber klar, bei meinen Lohnforderungen von 5500 brutto als Anfangslohn? Wenn man in Ost-Deutschland im grossen Stil Arbeitskräfte rekrutieren kann, die mit Handkuss in die Schweiz kommen und wohl einiges billiger arbeiten, warum sollte man da mich berücksichtigen? Und ich bin kein Einzelfall, weiss ich doch von anderen sehr gut qualifizierten Berufsleuten, die erstaunlicherweise den «Anforderungen» der ÖV-Transportunternehmungen ebenfalls nicht genügten …
Im weiteren bevorzugen die VBZ und auch die BVB angeblich Frauen, klar, man will den Frauenanteil erhöhen und auf frauenfreundliches Unternehmen machen. Dabei spricht man gezielt Frauen an, die ohnehin schon aus Tieflohnbranchen kommen wie Verkauf, Gastgewerbe, Coiffeusen etc. mit die Begründung, diese Frauen seien sich Dienstleistung, Kundenkontakt und unregelmässiges Arbeiten gewohnt … Wer’s glaubt! Man bezahlt ihnen einfach paar hundert Franken mehr als sie in ihrem aktuellen Job haben und dann sind diese Frauen bereits zufrieden. Eine Akademikerin wird wohl kaum zu diesen Löhnen bei diesen Arbeitszeiten arbeiten gehen. Es werden übrigens auch Männer aus Tieflohnbranchen als Quereinsteiger bevorzugt. Am liebsten gleich nach dem Lehrabschluss, so kann man ihnen den Lohn noch etwas drücken und trotzdem sind sie zufrieden.
Ich bin überzeugt, dass dies klare «Lohnsparpolitik» der öffentlichen Transportunternehmungen ist. Aber so lange die ÖV-Transportunternehmungen mit ihrer Personalpolitik Erfolg haben, wird sich für bessere Anstellungsbedingungen (vor allem massiv höheren Löhnen für qualifizierte Berufs-Chauffeure und -Chauffeusen) kaum etwas ändern und dieser Beruf wird nie wirklich die nötige Anerkennung finden. Der Beruf des Bus-Chauffeurs im ÖV bleibt somit uninteressant und es wird wohl noch mehr Nachwuchsprobleme geben …