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«Altersvorsorge 2020»

Die SGB-Gewerkschaften wollen die AHV stärken

Die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes behandeln diesen Freitag, 24. März die Rentenreform, die das Parlament letzte Woche nur knapp annahm. Sie dürften die «Altersvorsorge 2020» unterstützen, denn Syndicom, Unia und VPOD haben sie schon gutgeheissen, und der SEV provisorisch bereits am 10. Februar. Trotzdem führen wir in der Box rechts auch die Argumente der Reformgegner/innen in unserem Lager auf.

Die SGB-Gewerkschaften wollten die AHV-Renten mit ihrer Volksinitiative AHVplus um 10% erhöhen, was das Volk im Herbst ablehnte.Die Rentenreform sieht nun eine moderatere Erhöhung um 3 bis 4% vor. Im Bild die AHVplus-Demo vom 10. September 2016 in Bern.

Der SEV-Vorstand hiess die Rentenreform einstimmig gut unter dem Vorbehalt, dass sie nicht mehr verschlechtert wird (siehe Seite 2). Die einzige Verschlechterung ist, dass nur 0,6% mehr Mehrwertsteuer in die AHV fliesst statt 1%. Die Delegiertenversammlungen von Unia und VPOD nahmen die Reform am letzten Wochenende eher knapp an. Trotzdem würde eine Ablehnung durch die SGB-Delegierten am Freitag überraschen, denn die Reform bringt nebst zwei dicken «Kröten» wichtige Fortschritte (siehe Edito Seite 3 und Referat von Doris Bianchi auf Seite 10). Die SP plant eine Urabstimmung zur Reform. Danach kann der Abstimmungskampf beginnen. Die eidgenössische Volksabstimmung steht am 24. September auf dem Plan. vbo/Fi

Zwei Fragen an Edith Graf-Litscher

Mit dabei bei den Parlamentsdebatten um die Rentenreform war auch Nationalrätin und SEV-Gewerkschaftssekretärin Edith Graf-Litscher.

Wie hast du die Diskussion um die Rentenreform im Nationalrat während der laufenden Session erlebt?

Die Spannung und die Nervosität in allen politischen Lagern war in den ganzen drei Wochen stark zu spüren, weil die Annah- me oder Ablehnung einer der wichtigsten Vorlagen der Legis- latur bis zur letzten Minute auf Messers Schneide standen.

Wie bewertest du als Gewerkschafterin das Resultat?

Für mich war das oberste Ziel, das heutige Rentenniveau zu erhalten. Dem wird die Reform gerecht. Zum Ausgleich für die Einbussen in der 2. Säule wird die AHV gestärkt: 840 Franken mehr AHV – für Ehepaare sogar bis zu 2712 Franken – bedeuten eine Erhöhung um drei bis sechs Prozent. Das ist zum Beispiel für rund 500000 Frauen, die nur die AHV haben, oder rund 800000 Arbeitnehmende im Tieflohnbereich, die keine zweite Säule haben, ein grosser Fortschritt.

Karin Taglang

Die Argumente der linken Opposition gegen die Rentenreform

Mitglieder der SGB-Gewerkschaften aus der Romandie lehnen die Rentenreform, wie sie das Parla- ment beschlossen hat, im Gegen- satz zum SGB-Präsidialausschuss ab und haben dagegen eine Koa- lition gebildet. Diese schrieb nach dem knappen Nationalratsentscheid vom Donnerstag in einer Mitteilung: «Obwohl wir Schwei- zer/-innen schon Weltmeister sind, was die Arbeitsdauer betrifft, sollen Arbeiterinnen, Verkäuferinnen, Sekretärinnen ein Jahr länger arbeiten, zum alleinigen Vorteil der Arbeitgeber. Wer nicht weiterarbeiten kann, muss eine lebenslange Kürzung der AHV-Rente in Kauf nehmen. Diese Erhöhung des Frau- enrentenalters erhöht die Arbeitslosigkeit und öffnet den Weg für das Rentenalter 67 für alle, das die Arbeitgeber anstreben.»

Die Koalition kritisiert auch, dass die Rentenreform «den bisherigen Rentner/-innen–also rund 2,3 Mio. Menschen [inklusive 0,7Mio.AHV-Renten-Empfänger/-innen im Ausland, Anm. der Red.] – keine Verbesserung, ja keinen Rappen bringt. Damit sinkt deren Kaufkraft aufgrund der ständig steigenden Krankenkassenprämien weiter und wird durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, der unsozialsten Steuerart, zusätzlich geschwächt.»

Zudem sichere die Reform nicht einmal das Rentenniveau der Neurentner/-innen, kritisiert die Koalition weiter, «insbesondere nicht für die Frauen: Die Rentenaltererhöhung auf 65 Jahre kostet sie durchschnittlich 24000 Franken. Somit müssten sie 94-jährig wer- den, um diesen Verlust durch den 70-Franken-Zuschlag auf der AHV- Rente wieder zurückzuerhalten.»

«Die Gewerkschaftsbewegung kann nicht drei ihrer historischen Kernanliegen einfach aufgeben: den Kampf gegen jegliche Erhö- hung des Rentenalters, für die Rechte der Frauen und für bessere Lebensbedingungen der Pensionierten.» Gleich anschliessend an die Delegiertenversammlung des SGB will die Koalition in Bern über die Lancierung eines Referendums entscheiden.

vbo/Fi

Kommentare

  • Stefan Heusler

    Stefan Heusler 23/03/2017 06:40:55

    Ich bin froh, dass der SEV die Rentenreform nun unterstützt.
    Die Hardliner sollten sich jetzt ein wenig zurückhalten und nicht
    unheilige Allianzen mit den Rechten schliessen.
    Verwenden wir die Energie für Gleichberechtigung und den nächsten Schritt eines AHV Ausbaus. Da sind wir den alle wieder im gleichen Boot.