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SEV-Umfrage beim Lokpersonal des Personenverkehrs (P-OP)

Hilfe, die Motivation ist im Keller!

Unglaublich: gerade mal ein Viertel (25 %) der Lokführenden der SBB-Division Personenverkehr sind mit ihrer Arbeitssituation zufrieden. Gar noch unzufriedener sind sie mit der Arbeit ihres Einteilers: Nur 17 % bezeichnen diese als genügend. Doktor Andreas Meyer, die Lage ist ernst!

Alles begann in Delémont mit einer Versammlung des LPV Jura. Dort machten die Lokführer ihrem Frust Luft und erklärten SEV-Gewerkschaftssekretär Jean-Pierre Etique, warum sie mit ihrer beruflichen Situation zutiefst unzufrieden sind. Für Etique kam dies nicht überraschend, denn an jeder Versammlung bekommt er ähnliche Klagen zu hören: «Wir arbeiten im Unterbestand!» «Unsere Vorgesetzten hören nicht auf uns!» usw. Daher machte er den in Delémont Versammelten einen spontanen Vorschlag: «Wir könnten eine Umfrage durchführen, um diese Unzufriedenheit besser zu fassen und zuquantifizieren! »

Gesagt, getan. Das Team des SEV-Regionalsekretariats Lausanne legte dem Unterverband LPV einen Fragebogen vor, der diesem derart gefiel, dass er vorschlug, die Umfrage auf alle Sektionen des LPV auszuweiten.

Besorgniserregender Einbruch der Personalzufriedenheit bei der SBB

Seit dem 25. November sind die Resultate der zwischen Mitte September und Mitte Oktober bei allen Mitarbeitenden des Stammhauses SBB inklusive Cargo (aber ohne Tochtergesellschaften) durchgeführten Umfrage zur Zufriedenheit mit der Arbeitssituation bekannt: Erreicht wurden nur 58 von 100 möglichen Punkten. 2009 hatte eine Stichprobenbefragung noch einen Zufriedenheitswert von 64 ergeben, und die letzte Vollbefragung im 2006 60 Punkte. Damals lag das Vertrauen in die Konzernleitung bei 51 Punkten, dieses Jahr noch bei 43 Punkten. Der SEV ist vom Einbruch der Zufriedenheit bei der SBB nicht überrascht, jedoch über das Ausmass höchst besorgt. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich: Dem Personal muss Wertschätzung spürbar entgegengebracht werden, und das Reorganisationstempo ist zu bremsen.

Seit Jahren weist der SEV darauf hin, dass bei der SBB eine ungesunde Kultur der permanenten Reorganisation gepflegt wird. Bei allem Verständnis für die Weiterentwicklung des Unternehmens ist es für den SEV unverständlich, dass die SBB nicht erkannt hat, dass nach Umbauphasen jeweils zwingend Konsolidierung nötig ist. Im Vordergrund steht bei allem jedoch die Wertschätzung, die das SBB-Personal vermisst. «Je mehr die Führung von Wertschätzung spricht, umso mehr wird diese zur Worthülse», stellt SEV-Präsident Giorgio Tuti fest. Das Personal erlebt tatsächlich das Gegenteil: Unverständnis, wenn von Überlastung die Rede ist, Entwertung der Arbeit, wenn es um ein neues Lohnsystem geht.

«Die Personalumfrage zeigt in grösster Deutlichkeit, dass eine Richtungskorrektur zwingend ist», betont Tuti. Wenn die SBB-Führung das Vertrauen des Personals zurückgewinnen will, muss sie mit Taten zeigen, dass sie das Personal als menschlichen Wert («human resource»!) ernst nimmt und nicht einfach als Kostenfaktor in Wirtschaftlichkeitsrechnungen führt.

Als bemerkenswert streicht der SEV einen von der SBB vergessenen Aspekt hervor: Trotz der Unzufriedenheit mit der Führung des Unternehmens und der einzelnen Bereiche leistet das Personal Tag für Tag hervorragende Arbeit, um das weltbeste Bahnsystem auf gleichbleibend höchstem Niveau zu betreiben. Das ist nicht selbstverständlich, erst recht nicht bei einer solchen Unzufriedenheit auf allen Stufen!

SEV

Hohe Beteiligung

Von 1930 Umfragebögen, die an die Lokführenden der Division Personenverkehr verteilt wurden, kamen 890 ausgefüllt zum SEV-Sekretariat in Lausanne zurück. Die Auswertung besorgte die administrative SEV-Mitarbeiterin Conny Chenaux. Was kam dabei heraus? Zwei Resultate zeigen auf, wie gross das Unbehagen, dessen Ausmass bisher nur erahnt werden konnte, tatsächlich ist: Nur 25 % der Lokführenden des Personenverkehrs sind mit ihrer Arbeitssituation zufrieden, und gar nur 17 % beurteilen die Arbeit ihres Diensteinteilers als genügend.

Enorme Verschlechterung in den letzten zwei Jahren

Den Lokführer/innen wurden 20 Fragen vorgelegt. Ein Resultat, das ebenfalls aufhorchen lässt, ist die tiefe Zahl von Kolleg/innen, deren Wünsche bei der Diensttourenplanung berücksichtigt werden: Nur 35 % beantworteten diese Frage mit Ja. Noch bedenklicher stimmt, dass 83 % festhielten, die Arbeitsbedingungen hätten sich in den letzten beiden Jahren verschlechtert. Dazu erübrigt sich jeder Kommentar!

AC/Fi