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Delegiertenversammlung LPV

Wie bleibt der Lokführerberuf attraktiv?

24 Delegierte des Unterverbands LPV und einige Gäste fanden sich am 31. Oktober auf der MS Schilthorn in Thun zur Delegiertenversammlung (DV) LPV ein. Die ganztägige Schifffahrt bot neben spannenden Referaten, unter anderem von BLS-CEO Daniel Schafer, auch Raum für angeregte Diskussionen und ungezwungenen Austausch. Als wichtiges Thema wurde auch immer wieder der verbreitete Unterbestand an Lokpersonal aufgegriffen.

Tagespräsident Andreas Kramer, RhB Landquart, führt durch das dichte Programm der DV LPV, die von den Kolleginnen und Kollegen der BLS organisiert wurde. Daniel Schafer, CEO der BLS, macht den Auftakt mit seinem Referat. Zusammen mit Roger Bhend, Leiter Zug- und Lokpersonal, steht er im Anschluss Red und Antwort und zeigt sich offen für Vorschläge und Kritik.

Er präsentiert die neue Strategie der BLS, Wachstum dort zu fördern, wo es möglich ist. Aber nicht um jeden Preis. Erfreulicherweise könne das Lokpersonal bei der BLS nach dem langjährigen Unterbestand seit Mitte 2022 die teils hohen Zeitrückstände wieder beziehen. Die BLS sehe sich gut aufgestellt für die kommende Pensionierungswelle. Daniel Schafer zeigt sich aber bewusst, dass dies ein labiles Gleichgewicht ist. Die BLS fördere Teilzeitarbeit, Top- und Jobsharing, Vielfalt und Inklusion. Der Teilzeitanteil beim Lokpersonal liege bei rund 15 bis 20 Prozent. Aktuell arbeiten 40 Lokführerinnen bei der BLS, was einem Frauenanteil von ca. 5 Prozent entspricht.

SEV-Vizepräsident Christian Fankhauser nimmt den Ball auf. Der SEV weise seit Jahren auf den (drohenden) Personalmangel hin. Wenn sich einige Unternehmen nun überrascht zeigen, weil ihnen Lokführer:innen und anderes Personal fehle, dann sei dies ein Hohn. «Die Unternehmen müssen Lösungen finden, um die Bahnberufe attraktiver zu gestalten und junge Arbeitnehmende anzuziehen», ist sich Christian Fankhauser sicher. In der Wirtschaft werde vermehrt über die 4-Tage-Woche berichtet. «Bei der Bahn will man mit einer 6-Tage-Woche attraktiv sein! Wir fordern zwei freie Tage pro Woche, und wollen noch weitergehen.» Es brauche Branchenlösungen und unternehmensübergreifende Kompetenzpools. Auch für Angestellte mit gesundheitlichen Problemen.

Künftig wohl schwierigere Gespräche

SEV-Präsident Matthias Hartwich versichert den anwesenden Kolleginnen und Kollegen, dass Lokpersonal auch in Zukunft für alle Bahnunternehmen in der Schweiz und in Europa sehr wichtig bleiben werde. «Auch wenn sich der Beruf stark wandelt, so bleibt ihr doch die tragenden Säulen des Bahnverkehrs», betont er.

Die aktuellen Bestrebungen, das bewährte Kooperationsmodell in der Schweiz durch mehr Konkurrenz zu zerstören und beim Regionalen Personenverkehr 7,8 Prozent einzusparen, werde dazu führen, dass das Angebot und damit auch die Löhne schlechter werden. «Das wird uns im Gespräch mit den Unternehmungen, bei Lohn- und GAV-Verhandlungen neue Herausforderungen bringen und das Klima zwischen uns zusätzlich unter Druck setzen», stellt Matthias Hartwich klar.

Informationen aus dem LPV

Konkrete Aufrufe erfolgen bei den Berichten aus den Fachgruppen. Esther Weber, Fachgruppe Frauen, stellt klar, dass vermehrt auch junge Frauen rekturiert werden müssen und dafür familienfreundliche Anstellungsbedingungen nötig sind. Sie brauche konkrete Informationen über Probleme, damit sie konkrete Antworten einfordern könne.

Die Fachgruppe Jugend ist auf der Suche nach einer Nachfolge für Benjamin Rohrbach als Vertreter des Lokpersonals in der Jugendkommission des SEV. Er selber scheidet aufgrund seines Alters aus der Kommission aus.

LPV-Präsidentin Hanny Weissmüller informiert im Anschluss über die Train driver directive. Diese Richtlinie für Triebfahrzeugführende aus dem Jahr 2007 werde jetzt überarbeitet. Ziel dieser Richtlinie ist es, dass zwischen den europäischen Staaten einfacher die Arbeitsstelle gewechselt werden kann und Sozialdumping verhindert wird. Der LPV ist bei der Überarbeitung nah dran.

Im statutarischen Teil der DV wird Tobias Menzi als neuer Zentralkassier gewählt. Er löst Jan Schönenberger ab, der nach vier engagierten Jahren demissioniert. Für das Budget 2024 beantragt Tobias Menzi, den LPV-Mitgliederbeitrag um 1.60 Franken zu reduzieren und damit die Beitragserhöhung des SEV abzufedern. Der Antrag wird angenommen.

Schliesslich werden noch zwei Resolutionen verabschiedet: Die Resolution LPV Zentralbahn fordert das Unternehmen auf, jetzt sofort zu handeln, um den grossen Personalunterbestand zu lösen. Die Jahresarbeitszeitkonten seien enorm, die Einhaltung des GAV funktioniere so kaum mehr. Die Resolution LPV Ticino widmet sich der Fanzugproblematik und fordert von den Bahnunternehmen, dass Fanzüge besser begleitet und mehr fahrendes Personal sowie Kolleginnen und Kollegen der Transportpolizei aufgeboten werden.

Chantal Fischer
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