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Matthias Hartwich antwortet

«Staatliche Beihilfen sind nicht des Teufels!»

Die EU-Kommission hat die staatlichen Beihilfen an die französischen Güterbahn Fret SNCF als unzulässig verurteilt. Die französische Regierung muss die Bahn nun aufteilen und privatisieren, um drohende Bussen und Rückzahlungen in Milliardenhöhe abzuwenden. © Fret SNCF

Die Schweiz verhandelt mit der EU wieder über ein Rahmenabkommen. Dabei geht es auch um staatliche Beihilfen. Was bedeutet das für den öffentlichen Verkehr?

Die EU sieht staatliche Beihilfen als Teufelszeug. Beihilfen in der Schweiz, wie zum Beispiel Subventionen oder Steuerbegünstigungen, sind wettbewerbsbeschränkend. Die EU will überall – auch im öffentlichen und besonders im Schienenverkehr – unbeschränkten Wettbewerb. Dahinter steckt der Irrglaube, durch Wettbewerb würden Leistungen preiswerter («billiger») und gleichzeitig besser. Dabei sind manche Leistungen eben nicht ohne staatliche Beihilfen zu erzielen: Kein privater Dienstleister kann regionalen öffentlichen Personenverkehr kostendeckend betreiben. Wer das versucht, muss Billett-Preise erheben, die niemand bezahlen kann. Die Realität zeigt, dass ein Beihilfeverbot im öV kontraproduktiv, ja sogar gefährlich ist.

Bis jetzt werden die Rechtsvorschriften der Schweiz und der EU als gleichwertig betrachtet. Das heisst: die Beihilfen, die Bund und Kantone den Mobilitätsdienstleistern, also Bahn- und Busgesellschaften, gewähren, sind EU-konform. Wenn aber in einem neuen Rahmenabkommen das EU-Recht dynamisch angewandt werden muss, dann ist es mit unserem bewährten System des öV und des Regionalen Personenverkehrs schnell vorbei: deutsche Verhältnisse drohen. Das kann niemand wollen. Mit anderen Worten: Wenn in den Verhandlungen mit der EU das bewährte Schweizer System der kooperativen Angebote aufgehoben wird, dann ist unser System schnell am Ende. Gleiches droht auch den einheimischen Bahn- und Busbetreibern. Deshalb sind wir als SEV wachsam und halten der Politik – den zuständigen Bundesräten und Bundesrätinnen – stets vor Augen, was auf dem Spiel steht: Das von allen bewunderte und beneidete gut funktionierende und kooperative Schweizer System des öV. Es dient den Kundinnen und Kunden, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und nicht zuletzt der Umwelt, wenn wir uns auf Bahnen und Busse verlassen können.

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