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Auf den Spuren von ...

Sven Schäfle, Flugzeugmechaniker und Avioniker

Sven Schäfle (46) arbeitet am Flughafen Zürich in der Line Maintenance der Swiss: Er wartet Flugzeuge im Flugbetrieb, behebt Mängel, organisiert und macht selber Reparaturen und dies alles unter Zeitdruck und im Schichtbetrieb. Bei SEV-GATA ist er schon viele Jahre aktives Mitglied und seit ein paar Wochen offizieller Vertrauensmann.

Ich treffe Sven um 15 Uhr nach seiner Frühschicht, die um 5.40 Uhr begonnen hat. Weil der frühste Zug von seinem Wohnort Aarau um 5.41 am Flughafen ankommt, muss er bei Frühschichten mit dem Auto zur Arbeit fahren. Spätschicht ist von 14.15 bis 23.35 Uhr. Sven gehört zu den rund 100 Line-Maintenance-Mitarbeitenden, die grundsätzlich im Tagdienst im Turnus 6-4 arbeiten: sechs Tage Arbeit, vier Tage frei, jahrein jahraus. Weitere rund 100 Kolleg:innen arbeiten Nachtschicht im Turnus 5–5. Seit der Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden mit dem GAV 2015 müssen sie zusätzlich acht Zusatztage leisten, was viele als ziemlich belastend erleben. Deshalb will SEV-GATA mit den Verantwortlichen in den kommenden Monaten neue Lösungen aushandeln (siehe SEV-Zeitung 12/2023). Sven gehört schon lange der paritätischen Arbeitsgruppe für Arbeitszeitfragen an, in der sich Vertreter:innen von Personal und Unternehmen etwa alle drei Monate austauschen. Bessere Lösungen seien nicht einfach zu finden, aber mit beidseitigem gutem Willen möglich, ist er überzeugt. Die normale Arbeitswoche mit freiem Wochenende kennt Sven schon lange nicht mehr, denn geflogen wird täglich und am Wochenende erst recht. Er lebt deshalb in einem anderen Rhythmus als seine Familie, kann aber unter der Woche oft Hausmann sein, wenn die Frau arbeitet. An gewissen Tagen werden die beiden Mädchen (9 und 7) von einer Grossmutter betreut. Alles eine Frage der Organisation …

Sven strahlt Ruhe und Sicherheit aus und vermittelt den Eindruck, dass er in Drucksituationen ruhig Blut zu bewahren weiss. Das muss er als Flugzeugmechaniker in der Line Maintenance auch, denn die Zeit zwischen Ankunft und Abflug der Flugzeuge ist kurz, im Schnitt etwa eine Stunde. Allein schon alle Checks zu machen dauert etwa 30 Minuten, und wenn dabei ein Ölleck oder irgendein Instrumentenfehler auftaucht, wird die Zeit rasch knapp. Für Reparaturen, die nicht auf die Nacht oder einen späteren Tag verschoben werden dürfen, muss dann Material her und Sven bei allerlei Arbeiten auch selber Hand anlegen. Bald einmal fragen Crew-Mitglieder nach, wann endlich das Flugzeug starten dürfe. Doch Sven kann es natürlich nicht freigeben, bevor alle Sicherheitsanforderungen erfüllt sind – ein verantwortungsvoller Job. In Spitzenzeiten herrschen grosse Auslastung und Zeitdruck. Dazwischen ist es ruhiger, doch bei jedem Flugzeug ist Eiltempo gefragt. Demgegenüber ist die Arbeit in der Base Maintenance, der «Garage» für Flugzeugunterhalt, regelmässiger, beginnt weniger früh, endet weniger spät und ruht am Wochenende. Manche Kollegen arbeiten darum lieber dort, gerade auch jüngere. Schichtarbeit ist immer weniger beliebt, stellt Sven fest. Sie sei wohl der Hauptgrund für den grossen Fachkräftemangel in seinem Beruf, neben dem vergleichsweise bescheidenen Lohn für die grosse Verantwortung der Flugzeugmechaniker und ihre Ausbildung. Diese dauert vom Lehrling bis zur B1/B2-Lizenz mindestens sieben Jahre, und darauf folgen laufend Weiterbildungen. Der von SEV-GATA erzielte gute Lohnabschluss 2023 mit 3,3 % genereller Erhöhung und die im Februar erreichten Verbesserungen des Lohnsystems hätten schon etwas gebracht, genügten aber noch nicht, sagt Sven. Aktuell seien fast nur noch ausländische Flugzeugmechaniker zu finden – und kehrten nach ein paar Jahren in die Heimat zurück.

Traumberuf trotz allem

Wie ist Sven zur Fliegerei gekommen? Sie hat ihn schon immer fasziniert. Nach der Lehre als Elektromonteur diente er im Militär bei der Luftwaffe und wurde Offizier. Mit 24 Jahren wechselte er von den Industriellen Betrieben Aarau, wo er schon bei der Unia organisiert war, an den Flughafen Zürich in die Base Maintenance von SR Technics, damals noch eine Tochter der Swissair, die im September 2001 gegroundet wurde. Doch Sven blieb der Fliegerei treu, erwarb die B2-Lizenz als Flugzeugmechaniker und Avioniker und wechselte 2011 definitiv zur Line Maintenance, bei der er auch vorher schon gearbeitet hatte. Die Arbeit dort gefällt ihm wegen der grossen Autonomie und Vielfalt – vom Pumpen von Reifen bis zur Jagd nach Softwarefehlern: «Jeder Tag ist anders, man weiss nie, was kommt.» Wegen dem guten Kontakt zu verschiedensten Berufsgruppen und dem tiefen Einblick in Flugbetrieb und Technik. Als grösste gewerkschaftliche Herausforderung der nächsten Zeit sieht er – neben der Mitgliederbetreuung – die Aushandlung des GAV 2026, in die er möglichst viele Kolleg:innen einbeziehen will.

Markus Fischer
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