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Auf den Spuren von ...

Viviane Kehl, Security-Architektin SBB

Sie schützt SBB-Züge vor «Angriffen» und bezeichnet die Mathematik als ihr Hobby. Viviane Kehl ist Security-Architektin und seit diesem Jahr als TS-Vertreterin in der SEV-Frauenkommission.

Ich treffe Viviane Kehl an ihrem Arbeitsplatz im Westlink in Zürich Altstetten. Ohne Mühe steigt sie die Treppen in den 6. Stock hoch. Auch ihre Arbeitskollegen motiviert sie häufig, es ihr gleich zu tun und die sportliche Herausforderung anzunehmen.

Viviane Kehl arbeitet als junge Frau in einem klassischerweise eher männlich dominierten Arbeitsalltag. «Ich habe mir in meiner ganzen Laufbahn aber nie Gedanken darüber gemacht und es war auch nie ein Thema», verdeutlicht sie zu Beginn unseres Gesprächs. Als Security-Architektin ist sie zuständig für die IT-Security in den Zügen. Zur Erklärung zeigt mir Viviane den Unterschied der Security zur «Safety» auf: Letztere kümmert sich um die Betriebssicherheit, schreitet also beispielsweise ein, wenn ein Lokführer ein Signal überfährt. Konkret wird der Zug dann automatisch gebremst. Die Security hingegen schützt die Züge vor böswilligen Eingriffen ins System. Sie sorgt beispielsweise dafür, dass niemand der Lokführerin falsche Informationen am Display anzeigen kann.

Über Umwege zur Informatik

Viviane Kehl hatte schon immer Freude an Mathematik, logischem Denken und am Lösen kniffliger Aufgaben und absolviert als logische Folge ein Mathematikstudium an der ETH. Gegen Ende des Studiums besucht sie interessehalber eine Eisenbahnvorlesung und findet Gefallen daran. Sie entscheidet sich für ein einjähriges Career Starter Programm bei der SBB, bei dem sie Einblick in verschiedene Bereiche der Zugbeeinflussung erhält. Nach neun Monaten bekommt sie intern ein Jobangebot. Als Systemingenieurin ist sie zunächst für ein Zugbeeinflussungs-System verantwortlich. Heute ist sie als Security-Architektin der SBB zuständig für die Security von Zugbeeinflussung und Zugfunk fahrzeugseitig.

Ihren Berufsalltag beschreibt Viviane als sehr vielseitig. «Es geht im Grunde auch um Wissensaufbau und darum zu wissen, mit wem man in welchem Fall sprechen muss», führt sie aus. Zeitweise ist sie für Tests auf Zügen, spezifiziert Funktionen neuer Züge, diskutiert mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen oder arbeitet sich durch neue IT-Richtlinien. «Ich mache vor allem Schreibtischarbeit, die Vielfalt der Themen macht meine Arbeit abwechslungsreich.» Auch wenn sie kaum weibliche Arbeitskolleginnen hat, stellt Viviane ihr Team als sehr divers dar: «Bei uns sind Kollegen mit einer Berufslehre, andere mit Hochschulabschluss, ehemalige Lokführer sowie Leute aus der Industrie. Das bringt viele Erfahrungen zusammen und ist sehr wertvoll.» Sie habe als Frau noch nie Nachteile verspürt, was früher möglicherweise anders gewesen sei. «Was fehlt, sind Frauen in allen Positionen – es fehlen Vorbilder!», so Viviane weiter.

An ihr Mathematikstudium hat sie noch ein Security-spezifisches IT-Studium angehängt. Die Mathematik lässt sie aber nicht ganz los. Schon als Jugendliche hat Viviane Kehl mehrmals an der Mathematik-Olympiade teilgenommen, einem nationalen Mathematikwettbewerb, der jährlich durchgeführt wird. Sie setzt sich als Präsidentin der European Girls’ Mathematical Olympiad insbesondere auch für die Mädchenförderung ein.

Gewerkschaftsarbeit und Gleichstellung

Die bald 29-Jährige ist in einem linken Umfeld aufgewachsen und nach rund einem Jahr bei der SBB auch in den SEV eingetreten. An der letztjährigen Bildungstagung der Frauen wird sie auf die Frauenkommission aufmerksam gemacht und sagt zu, mal in eine Sitzung reinzuschauen. Seit Kurzem ist sie offizielle Vertreterin des Unterverbands TS in der Frauenkommission. «Die Kommissionsarbeit bietet mir spannende Einblicke in andere Berufe und Probleme», sagt Viviane. Gleichstellungsthemen findet sie wichtig. Sie betont ein weiteres Mal, dass es für eine Veränderung auch Vorbilder braucht. Auf ihre Stelle bezogen sind beispielsweise tiefere Teilzeitpensen nicht etabliert. «Man ist es sich einfach nicht gewohnt, es gibt keine Vorbilder dafür.»

Viviane lebt mit ihrem Freund unweit von ihrem Arbeitsplatz in Oberengstringen. Aquafit und regelmässige Spaziergänge sind ihr Ausgleich zur Arbeit am Computer.

Chantal Fischer
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