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SBB

Keine Digitalisierung auf dem Rücken des Personals

Der Digitalisierungsfonds der SBB, dessen Vizepräsident der SEV-Präsident Giorgio Tuti ist, hatte eine Studie zur Arbeitswelt der SBB zwischen 2025 und 2035 in Auftrag geben. Wie sieht unsere Gewerkschaft die Resultate dieser Studie, die PwC mit der ETH-Professorin Gudela Grote verfasst hat?

Für Giorgio Tuti besteht eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie darin, dass «die Wahrung und Entwicklung des Bahnwissens, spezialisierter Fähigkeiten und Fachwissen bei der Führung von Projekten im Bahnunterhalt und -betrieb absolut unentbehrlich sind. Das mag offensichtlich erscheinen, aber diese Erkenntnis festzuschreiben ermöglicht, die Qualität der Leistungen der SBB wieder in den Mittelpunkt ihrer Strategie zu stellen.»

Die Studie basiert auf zwei Hauptszenarien: ein Abbau um 13 Prozent oder die Beibehaltung des heutigen Personalbestands bis 2035, verbunden mit der demografischen Entwicklung, die für die SBB einen ausserordentlich starken Einfluss haben wird. Bis 2035 werden mehr als 40 Prozent der heutigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pension gehen, also über 10000 Personen. «Sicher lassen diese Szenarien auch Platz für andere Stossrichtungen. Angesichts des angekündigten Verkehrszuwachses kann es sein, dass die Anzahl der Arbeitsplätze steigt. Und letztlich ist es auch eine Frage des Blickwinkels. Will man Bahnhöfe ohne Personal oder im Gegenteil Orte, wo die Angestellten das Gesicht der Bahn sind? Für uns ist klar, dass auch in Zukunft der Verkehr von Menschen für Menschen gemacht wird. Fragen dieser Art fehlen in der Studie, und es ist an uns, sie einzubringen, damit der Service public im Zentrum der Unternehmensstrategie steht», erklärt Giorgio Tuti. Für den SEV ist klar, dass das Personal nicht für die Folgen der digitalen Entwicklung bezahlt.

Entwicklung der Berufsbilder

Noch etwas ist gewiss nach der Studie: Die Digitalisierung wird in den Jahren bis 2035 zahlreiche Berufsbilder verändern. Wiederkehrende Aufgaben, die heute viele Kräfte binden, können automatisiert werden. Assistenzsysteme und Automatisierungen werden zahlreiche Abläufe vereinfachen. Andererseits werden Anforderungen an verschiedene Berufsgruppen steigen, und damit auch die Ansprüche an die Kader. Gewisse Fähigkeiten, etwa die Kooperationsbereitschaft und die Fähigkeit zur Konfliktlösung, werden an Bedeutung gewinnen, und neue Stellenprofile werden sich entwickeln. «Es ist selbstverständlich, dass sich der SEV aktiv an diesen Entwicklungen beteiligen will. Ein Beispiel ist der Verkauf, wo das Personal der SBB und der KTU die Sache selbst in die Hand genommen hat, um die Zukunft seiner Arbeit zu definieren», ergänzt Giorgio Tuti (siehe Artikel «Das Verkaufspersonal: ein Juwel!» ). Ebenso zeigt sich der Präsident des SEV zufrieden über die Lösungen, die vorgeschlagen werden, um den Entwicklungen der Berufsbilder zu begegnen: lebenslanges Lernen und Bewahren des Bahnwissens.

«Die permanente Weiterbildung und die laufende Weiterentwicklung der Fähigkeiten sind unentbehrlich, um am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben.»

Der SEV verfolgt dieses Geschäft mit höchster Aufmerksamkeit, geht es doch um nichts weniger als die Zukunft des Personals des öffentlichen Verkehrs.

Vivian Bologna/Übersetzung: Peter Moor

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Die Studie in Kürze

Bis 2035 werden rund 40% der aktuell bei der SBB Beschäftigten in den Ruhestand treten; weit mehr Personal, als für den Betrieb der Bahn notwendigen, selbst wenn Prognosen einen leichten Rückgang nicht ausschliessen. In einigen Bereichen wie der Informatik oder bei Lokführern wird gar ein Fachkräftemangel erwartet. Dies zeigen die Ergebnisse einer Studie über die Arbeitswelt von morgen bei der SBB, realisiert durch das Beratungsunternehmen PwC Schweiz zusammen mit Gudela Grote, Professorin an der ETH Zürich, im Rahmen des Digitalisierungsfonds. Als wichtigste Lösungen resultieren lebenslanges Lernen und die gezielte Pflege und Entwicklung von Eisenbahner-Know-how.