Referat von Marc Spescha

Integration im Spannungsfeld zwischen Einbürgerung und Ausschaffung

Marc Spescha erklärte z.B. einer Busfahrerin mit tschechischem Pass, dass sie bei einer Fahrlässigkeit mit Unfallfolge keine Ausweisung befürchten muss

Unter diesem Titel ging Marc Spescha, Rechtsanwalt in Zürich und Lehrbeauftragter für Migrationsrecht an der Universität Freiburg (CH), auf den geltenden Rechtsrahmen (Ausländergesetz und Freizügigkeitsabkommen mit der EU), die Anhebung der Hürden für die Einbürgerung in gewissen Kantonen sowie die Umsetzungsvorschläge zur Ausschaffungsinitiative ein. Aus allem zusammen resultieren für Marc Spescha widersprüchlichen Signale an die Migranten/innen:

Einerseits ist im Ausländergesetz in Artikel 4 unter dem Titel «Integration» vom «Zusammenleben der einheimischen und der ausländischen Bevölkerung auf der Grundlage der Werte der Bundesverfassung und gegenseitiger Achtung und Toleranz» die Rede.

Andererseits hat zum Beispiel der Kanton Schwyz soeben abschreckende Hürden für die Einbürgerung geschaffen: Veröffentlichung der Einbürgerungsgesuche im Amtsblatt (= öffentliche Zurschaustellung), fünfjähriger Wohnsitz in der Gemeinde (im heutigen Zeitalter der Mobilität …) und Sprachtest (für wenig Gebildete schwierig). Oder der Kanton Zürich will für die Einbürgerung neu die Aufenthaltsbewilligung C voraussetzen. «Neue Einbürgerungshürden sind Signale der Ausgrenzung», sagte Marc Spescha.

Das gilt natürlich erst recht für die letztes Jahr angenommene Ausschaffungsinitiative. Für diese werden zurzeit Umsetzungsvarianten erarbeitet: Jene des Initiativkomitees will eine automatische Wegweisung für einen ganzen Katalog von Delikten unabhängig von Strafhöhe und Verschulden, z.B. auch für die Nichtangabe einer Aushilfsarbeit durch einen Arbeitslosen.

Dies widerspricht klar der Europäischen Menschenrechtskonvention. Mit dieser unvereinbar ist aber auch der gemässigtere Umsetzungsvorschlag der Mehrheit der Arbeitsgruppe, der für bestimmte Delikte ab einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten zwingend einen Landesverweis vorsieht – ohne Verhältnismässigkeitsprüfung.

Diese Bestimmung würde allerdings für Migranten/innen, die dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU unterstehen, nur dann gelten, wenn bei ihnen ein Rückfallrisiko besteht. Migranten/-innen aus der EU sind gegenüber solchen aus Staaten des «Dritten Kreises» (z.B. Kosovo) auch sonst bessergestellt. Letzteren empfiehlt Marc Spescha, sich einbürgern zu lassen, um nicht mehr eine Wegweisung aus relativ geringem Grund zu riskieren, etwa wegen «verschuldeten » Sozialhilfebezugs oder Betreibung. Denn das Ausländergesetz sei schon jetzt sehr streng.

Fi