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Elmar Perroulaz leitet seit acht Jahren das Arbeitsprogramm Anyway Solutions der SBB

Wenn der Körper bei der Arbeit aussteigt

Anyway Solutions bietet zurzeit rund 90 Personen Arbeit, ein weiterer Ausbau ist geplant.

kontakt.sev: Vor einem Jahr haben SBB und SEV eine Vereinbarung über Nischenarbeitsplätze unterschrieben. Hat sich seither etwas getan?

Elmar Perroulaz: Die Haltung der SBB ist damit verbindlicher geworden. Wir haben uns verpflichtet, einen Schritt weiterzugehen.

Wie steht die SBB-Spitze zu Anyway Solutions?

Sowohl Andreas Meyer als auch Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi haben sich ausdrücklich hinter das Programm gestellt. Darauf sind wir auch angewiesen, sonst würde das Ganze nicht funktionieren.

Woher kommen die Leute, die bei Anyway Solutions arbeiten?

Die meisten haben zuvor schwere körperliche Arbeit geleistet, einzelne kommen auch aus den typischen Bahnberufen, zum Beispiel Zugbegleiter. Die meisten landen wegen körperlichen Verschleisses bei uns, viel weniger wegen Unfällen.

Anyway Solutions feiert das 10-jährige Bestehen. Wie hat es sich entwickelt?

Begonnen hat alles in der Werkstätte in Dulliken, bald kam die Textilreinigung in Zürich Altstetten hinzu. Weiter ging es mit der Relaisrevision in Renens und der Sattlerei in Quartino. Schliesslich folgte die Relaisrevision in Winterthur, und es entstand ein Administrativteam in Bern für uns selbst und für weitere Aufträge der SBB. Jetzt haben wir wieder ausgeweitet: Im Raum Zürich machen wir neuerdings Gebäudeservice, das heisst, wir betreuen die WC-Station im Bahnhof Stadelhofen.

Was folgt als Nächstes?

Im Entstehen ist eine Siebdruckerei in Lyss, in der wir die Faltblattanzeigen für Bahnhöfe produzieren werden. Das hat sich unerwartet ergeben: Der bisherige Lieferant der SBB zieht sich aus dem Geschäft zurück, und wir haben die Maschinen übernehmen können. Das zeigt, wie flexibel unser Management ist: Es wurden schnelle und klare Entscheidungen getroffen. Aber es ist eine Lösung, die allen dient; wie in der Sattlerei werden wir auch dort viele Aufträge von aussen holen können.

Ist mit diesem Ausbau die Entwicklung abgeschlossen?

Das werden wir überprüfen. Die Entwicklung richtet sich nach dem Bedarf. Wir arbeiten mit einer Fünfjahresstrategie, die wir laufend anpassen. Unser Ziel sind 120 Reintegrationsstellen.

Das Anheben des Pensionierungsalters bei der SBB wird den Bedarf wohl eher erhöhen.

Zumindest wird er ganz bestimmt nicht sinken!

Kommen die Leute dankbar zu Anyway Solutions oder skeptisch?

Am Anfang fällt es vielen schwer, weil sie wissen, dass es ihre letzte Möglichkeit ist, überhaupt arbeiten zu können. Andere sind froh, dass sie vom Produktionsdruck befreit sind. Über die Zeit entwickelt sich deutlich mehr Dankbarkeit als Frust.

Gibt es Leute, die in den Arbeitsprozess zurückgehen?

Nicht mehr. Am Anfang gab es die Untergrenze von 50 Jahren noch nicht; da waren Leute dabei, die viel zu lange hätten bleiben müssen. Diese haben wir in den herkömmlichen Arbeitsprozess zurückgebracht. Aber heute ist das nicht mehr das Ziel; es gibt nur noch Einzelfälle. Aber wir selbst sind auch auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet: Wir müssen unseren Kunden unsere Dienste ebenfalls zuverlässig anbieten können.

Interview: pmo