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Tiefstlöhne und Lohnexzesse gibt es auch in der relativ stark reglementierten Branche des öffentlichen Verkehrs

Die Lohnschere darf nicht weiter aufgehen!

An der Medienkonferenz zum SGB-Verteilungsbericht forderte SEV-Präsident und SGB-Vizepräsident Giorgio Tuti eine gerechtere Lohnpolitik.

Von links: Giorgio Tuti, SEV-Präsident und SGB-Vizepräsident, Paul Rechsteiner, SGB-Präsident, und Daniel Lampart, SGB-Chefökonom, vor den Medien.

Giorgio Tuti machte darauf aufmerksam, dass sich die Lohnschere auch im öV öffnet. Tiefe Löhne bezahlt zum Beispiel die Bahngastronomietochter der SBB, Elvetino. Ihre Minibar-Stewards verdienen nach geltendem GAV gerade mal 3615 Franken.

Ein «klassischer Tieflohnbereich» sind auch die Bergbahnen, wie die Bündner Regierung auf eine Anfrage zu den Löhnen antwortete. Die Bündner Bergbahnen bezahlen Mindestlöhne von 2900 bis 3800 Franken – was den Direktor der Lenzerheide Bergbahnen AG nicht hindert, 400 000 Franken abzukassieren. Auch im Kanton Bern bezahlen viele Bergbahnen nur um die 3000 Franken, selbst im noblen Gstaad. Ihre Angestellten arbeiten oft im Stundenlohn, werden bei schlechtem Wetter heimgeschickt, und ihre Arbeitszeiten sind nicht reguliert. Als Ausnahme erwähnte Tuti die Jungfraubahnen, wo die Löhne über 4000 Franken betragen. Dort sind aber auch rund 45 % der Mitarbeitenden SEV-Mitglieder. Für Tuti ist klar: Gerade die Bergbahnangestellten müssen sich gewerkschaftlich organisieren, um gemeinsam bessere Löhne zu erkämpfen.

Schere öffnet sich auch bei der SBB

Sogar bei der SBB, wo gut 75 % des Personals einer Gewerkschaft angehören, liegen die tiefsten Einstiegslöhne unter dem Mindestlohn von 4000 Franken, den der SGB mit seiner Mindestlohninitiative gesetzlich verankern will. Andererseits muss auch gesagt werden, dass die Höchstwerte der tiefsten Anforderungsniveaus deutlich über 4000 Franken liegen.

Das bleibt auch im neuen SBB-Lohnsystem ab 1. Juli so. Der SEV konnte zwar die Einstiegslöhne der vier tiefsten Anforderungsniveaus um 1% gegenüber heute anheben, musste aber zulassen, dass die Maximalwerte nicht mit anstiegen.

Zudem verweigert die SBB seit zwei Jahren generelle Lohnerhöhungen und beschränkt sich auf einmalige Prämien, was nicht nachhaltig ist und zu Kaufkraftverlusten führt, wie Tuti betonte. Daher werde der SEV im Herbst unter dem Motto «Stopp den Prämien« Reallohnerhöhungen einfordern.

Andererseits hat die SBB letztes Jahr beim Bundesrat durchgesetzt, dass neu bis zu 5 % des Personals nach OR angestellt werden kann – «also ausserhalb unseres GAV und damit tendenziell oberhalb der Lohnskala», wie Tuti erklärte. Er rief auch in Erinnerung, dass SBB-CEO Andreas Meyer fast die Hälfte mehr kassiert als sein Vorgänger Benedikt Weibel.

Fi