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SEV-Vizepräsident Manuel Avallone fordert mehr Ordnung statt Chaos

«Die SBB muss Vertrauen schaffen»

Manuel Avallone verlangt von der SBB klare Kriterien für die Stellenbeschriebe, dass sie den Mitarbeitenden die Unterlagen zur Überprüfung ihrer Einreihung rasch aushändigt und offen ist für Korrekturen von Fehlern. Denn auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des ganzen Lohnsystems.

Manuel Avallone: «Wenn Unterlagen zurückbehalten werden, ist das verdächtig. Geheimniskrämerei leistet dem Misstrauen Vorschub.»

kontakt.sev: Wie läuft die Umsetzung des Lohnsystems?

Manuel Avallone: Die Umsetzung seitens SBB ist ziemlich chaotisch. Es gibt Mitarbeitende, die ihren Stellenbeschrieb noch immer nicht erhalten haben, obwohl sie ihn angefordert haben, oder nur einen Vierzeiler. Andernorts wurden einfach bisherige Kriterienkataloge zu Stellenbeschrieben gemacht und zum Zuordnen von Funktionen verwendet. Und teilweise scheinen eigentliche Stellenbeschriebe gar nicht vorzuliegen. Oder ihre Herausgabe wird verweigert. Das gilt auch für Funktionskettennummern und Organigramme, die es ebenfalls braucht, um eine Einreihung zu beurteilen. Es gibt HR-Berater der SBB, welche die Herausgabe solcher Unterlagen verweigern, während andere zum Beispiel die Funktionskettennummer ganz selbstverständlich mitteilen. In manchen Fällen ist alles sehr gut und transparent gelaufen. Kurz: Wir haben alles gesehen und mussten feststellen, dass die SBB bei der Umsetzung dessen, was wir ausgehandelt haben, zum Teil nicht sehr sauber vorgegangen ist und vorgeht.

Die Infrastruktur hat auffällig viele Funktionen tiefer eingereiht. Steht dahinter Absicht?

Es sieht so aus, als ob die Verantwortlichen zum Vornherein gewusst hätten, welche Funktionen sie tiefer einreihen wollen, und dass sie das neue Lohnsystem dafür ausgenutzt haben – unabhängig davon, was in den Stellenbeschrieben steht.

Betroffen sind ganze Berufskategorien. Wie geht der SEV nun vor?

Wir machen dazu Sammeleingaben. Die SBB muss uns die Unterlagen zu einzelnen Fällen liefern, mit uns an einen Tisch sitzen und erklären, wie die tieferen Zuordnungen zustande gekommen sind. Generell muss man überall dort genau hinschauen, wo eine Funktion nicht niveaugleich dem Anforderungsniveau zugeordnet wurde, das der bisherigen Funktionsstufe entspricht, sondern tiefer. Die Zuordnungen müssen nachvollziehbar sein, und dafür braucht es die Unterlagen. Wenn diese aber zurückbehalten werden, ist das verdächtig.

Die SBB hat beispielsweise die Herausgabe von Funktionsketten mit dem Argument verweigert, dass diese den Mitarbeitenden keinen Mehrwert brächten, sondern nur zu weiteren Rückfragen führten.

Die SBB darf ihre Mitarbeitenden nicht für dumm verkaufen! Wenn diese die Unterlagen nicht verstehen, können sie auch zum SEV kommen und sich diese erklären lassen. Die SBB müsste eigentlich alles Interesse daran haben, durch Transparenz Vertrauen ins neue Lohnsystem zu schaffen, sonst funktioniert das Ganze nicht. Geheimniskrämerei aber leistet dem Misstrauen Vorschub. Leider haben wir bisher von HR Konzern noch keine klare Anweisung gesehen, dass diese Unterlagen herausgegeben werden sollen und wie ein Stellenbeschrieb genau auszusehen hat. Dafür müssen Kriterien aufgestellt werden. Danach müssen die Stellenbeschriebe überall entsprechend gemacht und an die Mitarbeitenden abgegeben werden, damit sie sie kontrollieren können. Wo Unklarheiten bestehen, müssen diese gemeinsam angeschaut werden. Und entsprechende Korrekturen müssen möglich sein, wenn nötig bei ganzen Berufsgruppen. Nur so haben wir Gewähr, dass das Personal dem System vertraut und es akzeptiert.

Interview: Fi