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SEV-Umfrage zur gesundheitlichen Belastung der Busfahrer/innen am Arbeitsplatz

Die Busfahrer/innen leiden unter den Arbeitsbedingungen

Die ersten Resultate der Umfrage zur gesundheitlichen Belastung von Buschauffeuren in der Westschweiz sind erschütternd: 51,4 % klagen über körperliche Leiden und Stress. Lange Fahrzeiten, die zunehmende Aggressivität von Kundschaft und Verkehrsteilnehmenden sowie schlecht eingerichtete Fahrerstände sind die Hauptgründe für die gesundheitlichen Probleme.

Ergonomie-Professor Daniel Ramaciotti

Die Idee, die Gesundheitsprobleme der Busfahrer/ innen mit einem Fragebogen zu erheben, kam von den Verantwortlichen der SEV-VPT-Sektionen bei städtischen Nahverkehrsbetrieben der Westschweiz. Der Bogen umfasst 42 Fragen zu folgenden Themen: Gesundheit am Arbeitsplatz und persönlicher Gesundheitszustand, mit der Arbeit verbundene Belastungen, Arbeitsatmosphäre und Angaben zur Person. Für die Formulierung der Fragen, die Auswertung der Antworten und die Analyse der Resultate zog der SEV Arbeitsmediziner bei.

Teilresultate

Bisher fand die Umfrage erst in der Westschweiz statt. Bereits wurden über 600 Fragebogen ausgefüllt und 210 ausgewertet. Darauf beruhen die nachfolgend vorgestellten Resultate. Obwohl es sich erst um Teilresultate handelt, sind sie doch so beunruhigend, dass sie die SEV-Leitung veranlasst haben, die Umfrage auf die ganze Schweiz auszudehnen (siehe Kasten auf Seite 13). Ziel der Umfrage ist es, ein möglichst genaues Bild der gesundheitlichen Situation der Busfahrer/innen an ihrem Arbeitsplatz zu erhalten und mit gewerkschaftlichen Aktionen eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu erreichen.

Pinkelpausen

Von den 210 Busfahrer/innen, deren Fragebogen vom SEV bisher ausgewertet wurden, fordern 71 %, dass an den Endstationen jeder Linie Toiletten zur Verfügung stehen müssen. Das Anliegen ist nicht neu. So machte im Jahr 2005 die SEV-VPT-Sektion Nahverkehr bei den Freiburger Verkehrsbetrieben TPF mit einer Aktion auf diese Forderung aufmerksam – mit Erfolg. Allerdings genügt es nicht, Toiletten einzurichten, sondern die Busfahrer/innen müssen auch wirklich Zeit haben, diese zu benutzen. Wegen allzu knapp berechneten Fahrzeiten und Pausen steht aber bei Verspätungen (beispielsweise wegen Baustellen) oft kaum Zeit für das natürliche Bedürfnis zur Verfügung, wenn der Fahrplan eingehalten werden soll.

AC/Fi

Leiden der Busfahrer/innen

Über die Hälfte der 210 Busfahrer/ innen, deren Antworten bisher ausgewertet wurden, leiden mindestens ein- Mal pro Monat unter Stresssymptomen und Muskel- Skelett-Erkrankungen (MSE). Wenn man dieses Ergebnis mit den Zahlen vergleicht, die das Seco letztes Jahr in seinem Bericht «Arbeit und Gesundheit» publiziert hat, stellt man fest, dass die Busfahrer/ innen durch ihre Arbeit gesundheitlich sehr viel stärker belastet werden als der Durchschnitt der Arbeitnehmenden in der Schweiz. Laut dem Seco-Bericht leiden 41 % der beruflich aktiven Personen bei der Arbeit unter einer starken oder ziemlich starken psychischen und nervlichen Belastung. Bei den vom SEV befragten 210 Busfahrer/innen jedoch liegt dieser Anteil bei 51,4 %. Laut dem Seco-Bericht klagen 34 % der beruflich aktiven Personen über schmerzhafte oder ermüdende Haltungen bei der Arbeit, bei den 210 Busfahrer/innen hingegen sind es 51 %.

Die arbeitsbedingten Belastungen der Busfahrer/innen werden in der Studie des SEV noch weiter im Detail aufgeführt: 81,4 % empfinden es als belastend oder sehr belastend, länger als vier Stunden am Stück fahren zu müssen. 78,6 % ertragen lange Dienstschichten (über 10 Stunden) schlecht. Zwei Drittel der 210 Fahrer/innen beklagen sich über die Aggressivität von Kund/innen und andern Verkehrsteilnehmenden sowie über die Dichte des Verkehrs. Was die Einrichtung des Fahrerstandes betrifft, messen 87,6 % einer guten Belüftung und Klimatisierung grosse Bedeutung zu. Und eine ergonomisch gute Qualität des Sitzes und der Führerinstrumente finden 78 % sehr wichtig.

Aber auch auf den ersten Blick belanglose Fragen brachten ernst zu nehmende Probleme und Missstände an den Tag: 70 % beklagen sich über das Verhalten der Velofahrer/ innen auf der Strasse, und 71 % fordern eine Verbesserung der WC-Anlagen an den Endstationen der Linien. Interessant ist schliesslich auch das Ergebnis, dass 55 % der Fahrer/innen ihren Beruf besonders wegen der Arbeitsplatzsicherheit und der Unabhängigkeit am Arbeitsplatz schätzen.

Alberto Cherubini / Fi

Kommentare

  • Stefan volken

    Stefan volken 09/07/2022 15:17:11

    Und von 6-Tage-Woche und erlaubter Dienstschicht mit verkürzter Ruhezeit 9 Std. inkl. An- und Rückfahrt, schlafen, essen, Familie, von dem redet niemand. Wo auf dem Planeten gibt's noch eine 6-Tage-Woche? Beste Grüsse