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Schlappe für BAV und Crossrail

SEV gewinnt vor Bundesverwaltungsgericht: Schweizer Löhne auf Schweizer Schienen!

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Für Lokomotivführer, die ihren Arbeitsort in der Schweiz haben, müssen Löhne bezahlt werden, die in der Schweiz üblich sind. Die Gewerkschaft SEV erhält damit recht; das Urteil ist wegweisend für die Frage der Schweizer Löhne im Umgang mit der Europäischen Union. Das Urteil versetzt das Bundesamt für Verkehr ins Unrecht, das für das Bahnunternehmen Crossrail zugelassen hatte, dass auch ausländische Löhne zur Berechnung zugelassen wurden.

Der Erfolg der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV vor Bundesverwaltungsgericht ist deutlich: Dieses verlangt vom Bundesamt für Verkehr eine neue Festlegung, was Branchenüblichkeit bei den Güterverkehrs-Lokführern ist und hält klar fest, dass die Beurteilung der Rechtslage ergibt, «dass sich die Branchenüblichkeit im Sinn von Art. 8d Abs. 1 Bst. d des Eisenbahngesetzes an den schweizerischen Verhältnissen orientiert.» Und das Gericht stellt ergänzend fest: «Der Auffassung der Vorinstanz, die Arbeitsbedingungen definierten sich nach allen schweizerischen und europäischen EVU, die grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr anbieten, kann nicht gefolgt werden.» Massgebend für die Frage, ob Crossrail die Arbeitsbedingungen der Branche einhält oder nicht, sind laut Bundesverwaltungsgericht ausschliesslich die Verhältnisse bei den schweizerischen Bahnen.

SEV-Präsident Giorgio Tuti sieht das Urteil als Erfolg für das Bahnpersonal: «Seit überhaupt von Liberalisierung bei den Bahnen in Europa gesprochen wird, heisst unser Grundsatz ‹Schweizer Löhne auf Schweizer Schienen›, und das hat das Bundesverwaltungsgericht nun bestätigt.» Im grösseren politischen Zusammenhang sieht Tuti das Urteil in einer klaren Linie mit den flankierenden Massnahmen zu den Verträgen mit der Europäischen Union, was im übrigen das Gericht in den Erläuterungen ausdrücklich ebenfalls feststellt. «Das ist ein wegweisendes Urteil, das das Anrecht der Schweiz auf eine eigenständige Lohnpolitik festigt; davon profitiert unser Bahnpersonal, aber davon profitieren auch zahllose andere betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz.»

Der SEV führt seit Frühling 2014 einen anhaltenden Kampf gegen die Dumping-Löhne, die Crossrail ihren Lokführern in Brig bezahlen will. Mit rund 3600 Franken im Monat liegen diese um gegen 2000 Franken unter den Löhnen, die die Schweizer Güterbahnen SBB Cargo, SBB Cargo International und BLS Cargo bezahlen. Für den SEV war von Anfang an klar, dass diese Löhne von Crossrail den Artikel 8d des Eisenbahngesetzes verletzen. Dieser schreibt zwingend vor, dass für den Netzzugang auf dem Schweizer Schienennetz branchenübliche Arbeitsbedingungen erforderlich sind.

Der SEV klagte deshalb beim Bundesamt für Verkehr (BAV) gegen Crossrail und verlangte, dass dieser die Netzzugangsbewilligung zu entziehen sei, wenn sie nicht branchenübliche Löhne bezahle. Das BAV liess sich mit dem Entscheid Zeit, holte eine Expertise ein und kam dann zum abenteuerlichen Schluss, dass für die Bestimmung der branchenüblichen Löhne im grenzüberschreitenden Güterverkehr auch die – massiv tieferen – ausländischen Löhne einzubeziehen seien.

Der SEV zog diese Verfügung ans Bundesverwaltungsgericht weiter. Er stützte seine Argumentation auf ein Gutachten der Zürcher Anwälte Marco Donatsch und Stefan Schürer, die mit einer stichhaltigen Begründung nachwiesen, dass bei der Diskussion ums Eisenbahngesetz der eindeutige politische Wille vorhanden war, Schweizer Löhne zu sichern und nicht, diese zu verwässern.

Dieser Argumentation ist das Bundesverwaltungsgericht nun gefolgt und schickt das Geschäft zurück ans Bundesamt für Verkehr. Der Auftrag ist klar: Es sei zwar zulässig, den inländischen und den grenzüberschreitenden Güterverkehr als zwei unterschiedliche Branchen zu bezeichnen, aber die Branchenüblichkeit habe sich in beiden Fällen nach den in der Schweiz bezahlten Löhnen zu richten. «Der Fall ist für uns klar: Das BAV muss sich an den bestehenden Gesamtarbeitsverträgen orientieren und entsprechend branchenübliche Löhne festlegen», betont Vizepräsidentin Barbara Spalinger, Leiterin des SEV-Rechtsdiensts. So war das BAV im übrigen auch vorgegangen, als es die Branchenüblichkeit für Buschauffeure definierte.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Erfolg des gesamten SEV: Am Kongress im Mai hatte sich die Basis mit einer viel beachteten Aktion engagiert, als BAV-Direktor Peter Füglistaler zu diesem Thema sprechen wollte: Als er ans Rednerpult ging, streiften die mehreren hundert Delegierten Regenpelerinen über und signalisierten dem BAV-Chef so: «Wir wollen nicht im Regen stehen!»