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Politische Schwerpunkte am 75. Kongress des SEV in Bern

Soziale Themen beschäftigen die Gewerkschaft

Pensionskassen, Rentenalter, Gesamtarbeitsverträge: Im Mittelpunkt der politischen Diskussionen am SEV-Kongress standen Fragen der Sozialpolitik. Auch die Gastredner gingen auf diese Anliegen ein.

Gleich zwei Anträge von der gewerkschaftlichen Basis forderten bessere Möglichkeiten zur Frühpensionierung. Sie wurden von den 250 Kongressdelegierten klar angenommen. Der SEV wird dieses Anliegen somit in den kommenden Verhandlungen zu Gesamtarbeitsverträgen gegenüber den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs einbringen.

Diese Unternehmen kamen heute Nachmittag am Kongress zumindest indirekt zu Wort, indem Peter Vollmer als Direktor des Verbands des öffentlichen Verkehrs ein Gastreferat hielt. Vollmer wies darauf hin, dass die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs nur beschränkte Mittel zur Verfügung hätten. Das müsse auch der SEV zur Kenntnis nehmen. Würde nämlich die Wirtschaftlichkeit geschwächt, stände der öffentliche Verkehr als Ganzes auf dem Spiel. Man müsse also am gleichen Ende des gleichen Stricks ziehen, denn «wo der öffentliche Verkehr stirbt, sterben mit ihm auch die Angestellten des öffentlichen Verkehrs», warnte Vollmer. Er dankte dem SEV gleichzeitig aber auch für seinen anhaltenden Einsatz bei Vorlagen für den öffentlichen Verkehr.

Aufmunternde Worte gab es für den SEV vom Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB, Paul Rechsteiner: «Der SEV ist eine starke, stolze Gewerkschaft, die bereit ist, die Herausforderungen der Zukunft aktiv anzugehen», stellte er fest. Rechsteiner ging auf das wirtschaftliche Umfeld ein und warnte vor den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Arbeitnehmende und Arbeitsplätze. Allerdings betonte er, dass sich für den SEV und seine Mitglieder eine einmalige Chance biete, denn ein Investitionsprogramm könne im öffentlichen Verkehr einen Quantensprung auslösen, dank dem die Umwelt, die Bevölkerung und auch die Wirtschaft in der Schweiz auf Jahrzehnte hinaus profitieren könnten. Im übrigen unterstützte Rechsteiner die Forderung des SEV nach korrekter Ausfinanzierung der Pensionskassen SBB und Ascoop, ein Anliegen, das auch Peter Vollmer als wesentlich bezeichnet hatte.

Auch Alexander Kirchner, Vorstandsvorsitzender der deutschen Bahngewerkschaft Transnet, ging auf die Wirtschaftskrise ein. «Mit Geld kann man nicht Geld verdienen; nur wertschöpfende Arbeit schafft Wohlstand», betonte er. Vor allem aber sprach er über die Notwendigkeit einer neuen Strategie der Bahnen in der liberalisierten Welt. Die Unternehmen hätten in den letzten Jahren versucht, aus Kollegen Konkurrenten zu machen. Nun gelte es, diese Entwicklung zu wenden: «Kooperation statt Konfrontation ist der Ansatz, den wir als Gewerkschaften der Liberalisierung entgegenstellen müssen», hielt er fest und sprach damit ausdrücklich auch die Frage der SBB Cargo an, die der Deutschen Bahn eine Minderheitsbeteiligung angeboten hat. Eine Verdrängungskonkurrenz schade allen, deshalb seien Kooperationen die Grundlage einer neuen europäischen Verkehrspolitik, schloss Kirchner sein Referat und erhielt dafür begeisterten Applaus.

Der Kongress, der erstmals in der 90-jährigen Geschichte des SEV von einer Frau präsidiert wird – Doris Wyssmann, die in der SBB-Konzernzentrale in Bern arbeitet –, hatte am Morgen den 45-jährigen Giorgio Tuti zum neuen Präsident gewählt. Morgen wird er sich mit internen Reformen beschäftigen, die den SEV auf dem Weg zu einer noch schlagkräftigeren Gewerkschaft des Verkehrspersonal voran bringen sollen.