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Bundesrat veröffentlicht Verlagerungsbericht und erhöht leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe LSVA

Mehr Güter per Zug, aber zu wenig

Der Bundesrat hat den Verlagerungsbericht 2013/15 veröffentlicht. Dieser zeigt: Die Bahn gewinnt Anteile, aber zu wenig.

Der Güterverkehr auf der Schiene hat Marktanteile gewonnen, sowohl im Binnen- als auch im Transitverkehr.

Von 2012 bis 2014 fuhren um 10,3% weniger Lastwagen über die Schweizer Alpenachsen. 2013 wurden 1,049 Mio. Fahrten gezählt, 2014 waren es 1,033 Mio. Das für das Jahr 2011 festgelegte Zwischenziel von 1 Million alpenquerenden Fahrzeugen wurde also erneut verfehlt. Seit 2000 resultiert per Ende 2014 jedoch immerhin eine Reduktion um einen Viertel der Fahrten (-25,2%).

Der alpenquerende Schienengüterverkehr verzeichnete zwischen 2012 und 2014 ein Wachstum um 9,9%. Der Anteil der Bahn im alpenquerenden Güterverkehr lag somit per Ende 2014 bei 67 3% und damit 3,8 Prozentpunkte höher als 2012.

Ziel wird verfehlt

Für den Bund ist klar, dass er das definierte Ziel verpassen wird: Eigentlich sollte die Zahl bis 2018 auf 650 000 Lastwagenfahrten gesenkt werden. Immerhin kündigt der Bundesrat zur Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels ein Massnahmenpaket an, das die Verkehrsverlagerung fördern soll. Es umfasst einerseits einen bis 2021 befristeten Preisnachlass beim Trassenpreis im alpenquerenden Güterverkehr. Andererseits sind Erhöhungen der LSVA vorgesehen. Der Verein Alpen-Initiative kritisiert allerdings, dass die geplante Erhöhung viel geringer ausfalle als möglich wäre.

Gemäss den bilateralen Verträge mit der EU darf für die Strecke zwischen Basel und Chiasso im Schnitt maximal 325 Franken verlangt werden. Alle zwei Jahre darf dieser Betrag laut Abkommen an die Teuerung angepasst werden.

«Milliarden an die Lastwagenlobby verschenkt»

«Seit 2011 verspricht uns der Bundesrat ständig, dass er die LSVA erhöhen will. Nichts ist bisher passiert», kritisiert Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative. «Anstatt den von der EU akzeptierten Betrag von 325 Franken auszuschöpfen, werden heute für die Strecke Basel–Chiasso nur noch 274 Franken verlangt.» Berechnungen der Alpen-Initiative zeigen, dass der Bund zwischen 2005 und 2014 insgesamt 2,75 Milliarden Franken zu wenig eingenommen hat. Hätte man die LSVA konsequent ausgeschöpft und an die Teuerung angepasst, würde ein Lastwagen heute für eine Transitfahrt im Schnitt nicht 50 Franken mehr bezahlen müssen, sondern sogar 60. Zudem hätte durch den höheren Preis die Anzahl der alpenquerenden Lastwagen spürbar reduziert werden können.

Volkswillen

In sechs Monaten wird mit dem Gotthard-Basistunnel das Herzstück der 24 Milliarden Franken teuren Neat eröffnet. «Der Bundesrat und das Parlament müssen endlich zeigen, dass sie es mit dem Volkswillen und der Verlagerung ernst meinen», sagt Jon Pult. So müsse in Zukunft die LSVA konstant ausgeschöpft und an die Teuerung angepasst werden, Innovationen im Schienenverkehr sollen gefördert werden und es brauche mehr Lastwagen-Kontrollen.

Die entscheidende Weichenstellung wird das Schweizer Volk am 28. Februar 2016 vornehmen können, wenn es über den Bau einer zweiten Strassenröhre am Gotthard abstimmt. Mit einem Nein zum Strassenbau bestätigt das Volk seinen Auftrag aus dem Jahr 1994 und lenkt den alpenquerenden Verkehr definitiv auf die Schienen.

sev/uvek/ai

Kommentar

Der Strassentunnel und die Verlagerung auf die Schiene:
eine Frage der Logik

Welche der nachfolgenden Aussagen erscheint im Zusammenhang mit der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene logisch?

«Die zweite Strassenröhre am Gotthard ist gut für die Verlagerung auf die Schiene.»

oder

«Die zweite Strassenröhre am Gotthard beschert der Neat Milliardenverluste.»

Die erste Schlussfolgerung findet sich im neusten Verlagerungsbericht des Uvek und ist der Beweis dafür, dass Frau Bundesrätin Leuthard gewillt ist, auch mit den absurdesten Argumenten für eine zweite Röhre zu weibeln.

Begründet wird die Aussage damit, dass für eine zeitlich befristete Kurz-Rola zwischen Erstfeld und Biasca die Kapazitäten im Gotthard-Basistunnel einschränkt werden. Tatsächlich müsste bei unverändertem Personenverkehrsangebot ein Güterzug pro Stunde in Süd-Nord-Richtung über die Bergstrecke verkehren.

Dies ist eine äusserst kurzfristige und kurzsichtige Betrachtungsweise, die zudem die Tatsache ausser Betracht lässt, dass durch eine vorübergehende Geschwindigkeitsreduktion der Personenzüge die Kapazitäten im Basistunnel vergrössert werden könnten. Zudem blendet diese Argumentation die zweite Aussage völlig aus! Eine zweite Strassenröhre stellt die immensen Investitionen in die Neat in Frage und generiert auf alle Fälle mehr Verkehr auf der Strasse.

Womit wir wieder beim Verlagerungsbericht sind, der aufzeigt, wie wir uns langsam dem Ziel der Alpeninitiative annähern. Der Marktanteil der Schiene stieg von 66,1 Prozent im zweiten Halbjahr 2013 auf 68,6 Prozent im ersten Halbjahr 2015, dem höchsten Wert seit 2001. Die Zahl der Lastwagenfahrten konnte auf rund eine Million pro Jahr reduziert werden. Die im Bericht vorgeschlagene und längst fällige Erhöhung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA ist ein weiteres Mosaiksteinchen, um die Alpeninitiative endlich umsetzen zu können. Nicht in diese Kategorie gehört aber ganz sicher der Bau einer zweiten Röhre am Gotthard.

Kommen wir also zurück auf die eingangs gestellte Frage, welche Aussage logisch erscheint und erteilen Frau Leuthard im Fach Logik eine ungenügende Note. Nur weil man etwas unbedingt will, muss es noch lange nicht logisch und richtig sein. Deshalb, der Logik und der Verlagerung zu liebe: Nein zur zweiten Strassenröhre!

Daniela Lehmann, verkehrspolitische Koordinatorin

Kommentare

  • Savary Charles

    Savary Charles 22/01/2016 18:46:00

    Si le 2ème tunnel routier est construit, adieu le transfert de la route au rail.
    Ce serait saboter la rentabilité du tunnel ferroviaire.
    Don voter non.