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BAV-Stichkontrolle an Skandalzug zeigt zusätzlichen Handlungsbedarf auf

Schienengüterverkehr braucht gründliche Aufsicht

Der SEV begrüsst, dass das Bundesamt für Verkehr (BAV) in den letzten Jahren die Zahl der Zugkontrollen erhöht hat und dabei auch verstärkt mit den Nachbarländern zusammenarbeitet. Er sieht aber Bedarf nach zusätzlichen Behördenkontrollen.

Am 22. Juli hat das Bundesamt für Verkehr in Chiasso erstmals gemeinsam mit der italienischen Bahnsicherheitsbehörde Güterzüge auf der Nord-Süd-Achse kontrolliert und dazu ausgewählte Medien exklusiv eingeladen.

Die Medienberichte zeigen auf, dass das Unfallrisiko allein schon durch die Zunahme des Transportvolumens im Steigen begriffen ist, aber auch durch den Kostendruck, den der verschärfte Wettbewerb im Gefolge der Liberalisierung verursacht. Denn dadurch können sich die Akteure des Schienengüterverkehrs veranlasst sehen, gewisse Kontrollen zu vernachlässigen. Das BAV versucht dieser Tendenz entgegenzuwirken, indem es die Zahl der eigenen Stichkontrollen an den Güterzügen erhöht hat: Im Jahr 2006 kontrollierte es 44 Güterzüge mit 862 Wagen, letztes Jahr 347 Züge mit 5688 Wagen. Zudem arbeitet das BAV verstärkt mit den Aufsichtsbehörden der Nachbarländer zusammen.

Selbstkontrolle der Akteure reicht nicht

Der SEV ist der Meinung, dass die aktuelle Zahl der Behördenkontrollen noch klar nicht genügt, wenn man bedenkt, dass auf dem Schweizer Bahnnetz täglich rund 2000 Güterzüge unterwegs sind... Zudem hat das BAV in den letzten zwei Jahren bei seinen Zugkontrollen eine steigende Zahl von Mängeln festgestellt. Trotzdem sieht das Amt keine zusätzlichen Zugkontrollen vor, da es sonst eine „Lähmung des Verkehrs“ befürchtet.

Der SEV hat Verkehrsministerin Doris Leuthard schon anlässlich seines Kongresses im Mai 2013 ein Dossier zur Sicherheitsproblematik übergeben mit der Forderung nach mehr Zugkontrollen, um die diversen Player im Bahngütergeschäft zu verantwortlichem Handeln zu bewegen: die Wagenbesitzer, die mit dem Wagenunterhalt betrauten Werkstätten, die Verlader und Logistikfirmen, die Terminalbetreiber und die Güterbahnen. Dass dies nötig ist, haben die gebrochenen Bremsbeläge, kaputten Federungen, vermissten Schrauben an Drehgestellen, eingerissenen Blachen und fehlenden Gurten an den Wagen, die in Chiasso ausgereiht werden mussten, einmal mehr klar gezeigt. Zumal der Lotterzug mit den 22 Mängeln fröhlich weiter Richtung Norden gefahren wäre, durch den Gotthardtunnel und dicht besiedelte Wohngebiete bis zu seinem Bestimmungsort, ohne nochmals kontrolliert zu werden. Denn es handelte sich um einen der so genannten Vertrauenszüge, die nur am Abgangsort kontrolliert werden, und nicht mal durch eine staatliche Behörde.

Personal nicht vergessen

Zudem vermisst der SEV in der BAV-Medienmitteilung wie auch in den Medienberichten Angaben zu den Behördenkontrollen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen des Personals, der Einhaltung der Vorschriften zu den Arbeits- und Ruhezeiten, zur Ausbildung sowie zu den Löhnen und Vergütungen. Denn für die Sicherheit des Schienenverkehrs sind auch diese Fragen von Bedeutung.

Kommentare

  • Manfred Peverelli

    Manfred Peverelli 16/08/2014 13:27:57

    Ich kann die Haltung des SEV im wesentlichen nachvollziehen. Allerdings erwarte ich, dass sich der SEV im Rahmen der Sicherheit im Gütertransport generell, der Einhaltung von Vorschriften und Verordnungen auch dafür einsetzt, dass die Kontrollen im Strassen-Güterverkehr nicht vernachlässigt werden. Auf der Schiene hinschauen, auf der Strasse wegschauen, das geht wohl nicht.