Sonnige Pisten, gute Mitarbeiter, miese Löhne bei den Bergbahnen

Die Bündner Bergbahnen bieten Wintersportlerinnen und -sportlern viel Sonne und Pulverschnee, doch ihren Mitarbeitenden zahlen sie vielfach unanständig tiefe Löhne. Während in Transport- und Beschneiungsanlagen riesige Summen investiert werden, darf es für die Mitarbeitenden kaum „a bizzali meh sii.“ Das ist ärgerlich. Denn die Bergbahnen werden durch die öffentliche Hand ordentlich subventioniert. Anständige Löhne sind deshalb nicht mehr als fair.

Klar: Die Geschäfte laufen nicht nur gut. «Alles fährt Ski» stimmt nicht mehr. Dazu haben die Unternehmen mit ihren für Familien teilweise kaum mehr erschwinglichen Preisen auch selbst beigetragen. Wetter, Währung und Wirtschaftslage erleichtern zudem das Geschäft auch nicht. Trotzdem reicht es zum Beispiel in der Destination Davos-Klosters immer noch für Dividenden. Seit ihrem Zusammenschluss 2003 hat sich die Davos Klosters Bergbahnen AG zu einem rentablen Konstrukt entwickelt, das regelmässig Gewinne einfährt. Die Zahlen von 2003 bis 2013 sind eindrücklich. Zu den kräftigen Investitionen, dem Schuldenabbau und der Dividendenauschüttung bildet der Personalaufwand einen krassen Gegensatz: Er ist in 10 Jahren im Durchschnitt um 0.415 Prozent gestiegen. Da liegen weder bessere Löhne noch die reale Teuerung drin. In der gleichen Periode wurden für rund CHF 21.4 Millionen Boni und Dividenden ausgeschüttet. (Quelle: Geschäftsbericht 2012/2013 Davos Klosters Bergbahnen AG, S. 11)

Tiefe Löhne – amtlich bestätigt

Trotz Dividendenausschüttung werden bei «Davos Klosters mountains» für Vollzeitstellen magere Löhne von 3 000.– oder 3 500.– Franken brutto pro Monat bezahlt. Solche Verträge liegen dem SEV schriftlich vor. Die Destination Davos-Klosters ist aber kein Einzelbeispiel. Im April 2011 führte der zuständige Regierungsrat im Grossen Rat, dem Bündner Kantonsparlament, auf eine entsprechende Anfrage zu den Löhnen bei den Bündner Bergbahnen folgendes aus: «Die Mindestlöhne liegen je nach Unternehmung zwischen ca. Fr. 2 900.-- bis ca. Fr. 3 800.--, wobei nur wenige, kleine Unternehmen, welche wirtschaftlich nicht sehr gut stehen, unter Fr. 3 000.-- pro Monat bezahlen. Der Durchschnittslohn der acht grössten Unternehmen, welche ca. 80% des Bergbahnpersonals im Kanton Graubünden beschäftigen, liegt bei ca. Fr. 3 480.--.» Die Zahlen stammen vom Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit KIGA.

Die öffentliche Hand bezahlt mit

Nicht nur Mitarbeitende und ihre Familien fragen sich zu Recht: Wie sollen solche Löhne in den teuren Tourismusdestinationen wie Davos, St. Moritz oder Flims zum Leben reichen? Zudem werden auch die Steuerzahlenden selbst zur Kasse gebeten. Der Kanton und die Gemeinden zahlen bereits heute kräftig an die Bergbahnen mit. Beispielsweise in der «Weissen Arena»: Die Beschneiungsinfrastruktur der Destination Flims-Laax-Falera ist im Besitz der öffentlichen Hand, sprich der umliegenden Gemeinden. Das unternehmerische Risiko wird so zumindest teilweise auf die öffentliche Hand überwälzt. Der Kanton Graubünden selbst subventioniert ebenfalls direkt durch Beiträgen an Infrastrukturen oder indirekt via Beiträgen für Anlässe mit, etwa an die Ski-WM 2017 in St. Moritz.

Besonders stossend ist aber die Praxis der Bergbahnen, welche die Arbeitslosenkasse quasi als «zweiten Lohnzahler» nutzen: Wer beispielsweise während der Sommermonate im Baugewerbe arbeitet und im Winter bei einer Bündner Bergbahn, kann dies bei der Arbeitslosenkasse als Zwischenverdienst angeben. Die Differenz zwischen den soliden Löhnen im Baugewerbe und den Tiefstlöhnen in der Bergbahnbranche wird von der Arbeitslosenkasse zu einem ordentlichen Teil ausgeglichen. Die Bergbahnen lassen so ihre tiefen Löhne von der Allgemeinheit aufbessern. Das hat wenig mit Unternehmertum zu tun und liegt wohl kaum im Sinn und Zweck der Arbeitslosenversicherung.

Gewinnausschüttung auch bei Lohnerhöhungen möglich

Die Angestellten der Hotel- und Restaurationsbetriebe in der Schweiz sind dem Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) unterstellt. Ein Umstand, den beispielsweise die schon erwähnten Bergbahnen Davos-Klosters im Geschäftsbericht erwähnen: «Ein nicht unwesentlicher Kostenfaktor [in der Saison 2012/2013] waren auch die neuen Vorschriften des L-GAV in Bezug auf den 13. Monatslohn, welche zu Mehrkosten geführt haben.» Ein guter GAV sorgt also dafür, dass die Mitarbeitenden auch zu guten Löhnen kommen. Eine Gewinnausschüttung war trotzdem noch möglich. Offenbar benötigen die Bergbahnen den Druck eines GAV, um faire Löhne für gute Leistung zu garantieren.

Nicht nur der Lohn unfair

Gute Gesamtarbeitsverträge regeln nicht nur die Löhne, sondern auch Arbeitszeiten. Handlungsbedarf besteht leider auch hier. So schreibt etwa die Lenzerheide Bergbahnen AG in einem Arbeitsvertrag: «Die wöchentliche Arbeitszeit wird nicht definiert. Das Arbeitspensum und der Zeitpunkt des Arbeitseinsatzes werden nach den Erfordernissen des Betriebes festgelegt.» Solche Bestimmungen sind klar gesetzeswidrig.

Es geht auch anders

Der Arbeitgeberverband Berner Bergbahnen (AGV BBB) hat im November 2013 einen Rahmengesamtarbeitsvertrag mit der Gewerkschaft SEV abgeschlossen. Dieser Vertrag verbessert die Situation der Bergbahnmitarbeitenden klar. Neben fairen Anstellungsbedingungen und gesetzeskonformen Arbeitszeiten wird auch ein Mindestlohn von Fr. 4 000.-- pro Monat gewährt. Folgende Unternehmen bekennen sich zum Berner GAV und zu fairen Anstellungsbedingungen (Stand März 2014):

  • Bergbahnen Adelboden AG
  • Lenk Bergbahnen
  • Gondelbahn Kandersteg-Oeschinensee
  • Luftseilbahn Kandersteg-Sunnbüel Gemmi AG
  • Niesenbahn AG
  • Schilthornbahn AG
  • Stockhornbahn AG
  • Elsigenalpbahnen AG

Übrigens: Die Schilthornbahn AG hat kürzlich Rekordzahlen für den vergangenen Winter vermeldet. Fair sein zahlt sich offenbar aus.

Für gute Löhne und faire Anstellungsbedingungen – JA am 18. Mai 2014!

Die Bergbahnbranche agiert in einem schwierigen Umfeld. Das darf nicht auf dem Rücken der motivierten und engagierten Mitarbeitenden ausgetragen werden. Sie sind dafür verantwortlich, dass begeisterte Wintersportler und sonnenhungrige Sommergäste bei Wind und Wetter kompetent betreut und sicher befördert werden. Dafür sind faire Löhne und zeitgemässe Anstellungsbedingungen zentrale Voraussetzung. Die Mindestlohn-Initiative bringt beides. Deshalb ein klares JA am 18. Mai 2014.