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Alain Carrupt, Präsident der Gewerkschaft Kommunikation

«Die Bündelung unserer gewerkschaftlichen Kräfte ist eine Notwendigkeit»

Als Gast hat Alain Carrupt die Verhandlungen am SEV-Kongress sehr aufmerksam verfolgt. Vor zwei Jahren hätte seine Gewerkschaft beinahe mit dem SEV fusioniert. Doch die Organe des SEV zogen es vor, von dieser Fusion Abstand zu nehmen, die ihrer Ansicht nach zu forsch angegangen worden war. Alain Carrupt spricht mit kontakt.sev über diese verpasste gewerkschaftliche Hochzeit, aber auch über das Projekt der Leitung der GeKo, eine Volksinitiative zu lancieren, die die Entwicklung eines qualitativ hochstehenden postalischen Service public verlangt und, um dieses Ziel zu erreichen, die Errichtung einer Postbank fordert.

kontakt.sev: Wie fühlst du dich an diesem Kongress?

Alain Carrupt: Ich fühle mich wie zu Hause. Der SEV und die Gewerkschaft Kommunikation gehören zur selben Familie. Die behandelten Themen sind sehr ähnlich: Arbeitsbedingungen, Pensionskassenprobleme, Probleme der Beziehungen mit den Unternehmern etc.

Kennst du den neuen SEV-Präsidenten?

Natürlich kenne ich ihn! Ich bin ausserordentlich glücklich über seine glanzvolle Wahl. Giorgio Tuti ist jemand, der nach vorn schaut und mit dem mich persönlich und gewerkschaftlich viel verbindet. Ich freue mich sehr auf unsere zukünftige Zusammenarbeit.

Haben sich die Präsidenten des SEV und der GeKo noch etwas zu sagen nach der verpatzten Fusion vor zwei Jahren?

Ich bin überzeugt, dass ein Fusionsprojekt ein Ziel ist, das wir in einer näheren oder ferneren Zukunft wieder diskutieren können. Ich glaube an die Notwendigkeit einer Neuordnung der gewerkschaftlichen Kräfte. Wir haben unglaublich viele Berührungspunkte mit dem SEV! Ich behalte die Hoffnung, eines Tages in der gleichen Gewerkschaft mit dem SEV zu sein.

Die Tür zu Diskussionen ist also von Seiten der GeKo nicht zugeschlagen, trotz dem «Njet» des SEV vor zwei Jahren?

Die Türe war und ist nie verschlossen! Die Bündelung unserer gewerkschaftlichen Kräfte ist eine Notwendigkeit. Es braucht nur einen Kalender, der beiden Organisationen entspricht, der es erlaubt, zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Seitens des SEV wurde oft gesagt, die Fusion sei unter anderem gescheitert, weil alles zu schnell gegangen sei. Hattest du auch den Eindruck, dass der Rhythmus bei diesem Fusionsprojekt etwas zu hastig war?

Wir haben das erst im Nachhinein gemerkt. Es ist so, dass die Fusion für den SEV einen doppelten Schritt bedeutete. Er beinhaltete eine bedeutende Strukturreform und die Fusion. Demgegenüber hatte die GeKo schon Strukturen, die für die Fusion gepasst hätten.

Jetzt hat sich der SEV neue Strukturen gegeben…

Tatsächlich, der SEV hat nach meiner Meinung gewisse Hindernisse, die einer gewerkschaftlichen Fusion im Weg standen, aus dem Weg geräumt, indem er am Kongress der Strukturreform zustimmte und indem er einen Präsidenten wählte, der entschlossen nach vorn schaut.

Welches sind die gegenwärtig die aktuellen Themen in der GeKo?

Im Bereich der Telekommunikation gibt es das Gespenst einer Totalprivatisierung der Swisscom, einer Privatisierung, die wir mit grösster Entschlossenheit bekämpfen. Aber der Abbau des Poststellennetzes ist gegenwärtig unsere grösste Sorge.

Was unternehmt ihr, um den Abbau zu bekämpfen?

Zuerst haben wir eine landesweite Petition gestartet. Sie verlangte, den Abbau zu stoppen, und hat unsere Erwartungen weit übertroffen: Die Petition wurde von über 120 000 Personen unterzeichnet. Wir reichen sie der Post nächsten Samstag, am 13. Juni, ein. Gleichentags schlagen wir unserer ausserordentlichen Delegiertenersammlung die Lancierung einer eidgenössischen Volksinitiative vor. Einer Initiative, die einen Service public im Bereich der Post definieren wird – und auch gleich Mittel, ihn zu finanzieren, nämlich die Beibehaltung dessen, was im Monopolbereich bleibt und die Schaffung einer Postbank unter zwei ganz klaren Bedingungen: dass diese Bank zu 100 % in Postbesitz bleibt und dass ihre Gewinne dazu dienen, das Poststellennetz zu finanzieren.

Alberto Cherubini / pan.